Eine Gewerkschaft und zwei evangelische Verbände klagten gegen die hessische Verordnung. Die Richter verboten in dem Urteil die Arbeit in Callcentern, Videotheken und Bibliotheken – Wettbüros dürfen öffnen.

Leipzig. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat in einem Urteil der Ausweitung der Arbeitszeit auf Sonn- und Feiertage Grenzen gesetzt. Die Richter in Leipzig erklärten am Mittwoch eine von der Landesregierung in Hessen erlassene Verordnung für teilweise nichtig. Demnach ist die Arbeit in Videotheken, Bibliotheken und Callcentern an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen nicht zulässig. Zur Klärung des Sachverhalts in der Getränkeindustrie wurde der Fall an die Vorinstanz zurückverwiesen.

Das Bundesverwaltungsgericht befasste sich mit einer Verordnung, die das Land Hessen erlassen hatte. Dadurch wurde die Arbeit an Sonn- und Feiertagen in bestimmten Branchen erlaubt. Dagegen klagten eine Gewerkschaft und zwei evangelischen Gemeindeverbände.

In der Begründung heißt es, dass die Arbeit in Videotheken und öffentlichen Bibliotheken an Sonn- oder Feiertagen nicht unbedingt erforderlich sei, weil die Nutzer Videos oder Bücher auch an Werktagen ausleihen könnten, urteilte das Bundesverwaltungsgericht. Auch die Beschäftigung von Mitarbeitern in Callcentern sowie Lotto- und Totogesellschaften sei nicht zwingend notwendig, um die „an diesen Tagen besonders hervortretenden Bedürfnisse der Bevölkerung“ zu decken. Für zulässig erachtete das Bundesverwaltungsgericht hingegen die Ausnahmeregelungen im Buchmachergewerbe. Dies betrifft vor allem die Annahme von Wetten auf Pferderennbahnen.

Der Callcenter-Verband kritisierte das Urteil als einen „Schlag ins Gesicht der Verbraucher“. Am Sonntag telefonisch nicht erreichbar zu sein, sei „für viele Unternehmen keine Option“. Es drohe die Verlagerung von Arbeitsplätzen in andere Bundesländer oder ins benachbarte Ausland, erklärte Verbandspräsident Manfred Stockmann.

Nach dem Arbeitszeitgesetz dürfen Arbeitnehmer an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen nur in Ausnahmefällen eingesetzt werden, etwa um „erhebliche Schäden zu vermeiden“, falls diese Arbeiten nicht an Werktagen vorgenommen werden können. Entsprechende Ausnahmeregelungen können die Länder demnach erlassen. Die darauf gestützte Verordnung der hessischen Landesregierung war in der Vorinstanz vom Verwaltungsgerichtshof Kassel kassiert worden: Die Freigabe der Beschäftigung habe wegen ihrer Bedeutung nur durch den parlamentarischen Gesetzgeber, nicht aber durch den Verordnungsgeber geregelt werden dürfen, hatte Kassel entschieden.