Vor neun Jahren sagte Hellseher einen Crash inmitten des Finanzzentrums von Brasilien größter Metropole São Paulo an diesem Mittwoch voraus. In der Stadt bereitet man sich vorsichtshalber vor.

São Paulo. Neun Jahre ist es mittlerweile her, da sagte ein Hellseher den Absturz eines Passagierflugzeugs inmitten des belebten Finanzzentrums von Brasiliens größter Metropole São Paulo vorher. Nun rückt der Katastrophentag näher, am Mittwochmorgen soll es geschehen. Die brasilianische Fluggesellschaft TAM, die laut dem sehr detailreichen Absturzszenario eines ihrer Flugzeuge verlieren wird, ging schon mal auf Nummer sicher und hat die Flugnummer geändert. Ob der Fall womöglich dadurch vermieden werden kann, wird sich am Mittwoch erweisen.

Jucelino Nobrega da Luz träumte im Jahr 2005, dass am Mittwoch, den 26. November 2014, der Flug mit der Nummer JJ3720 in einen Häuserblock an der Straßenkreuzung der Avenida Paulista und der Alameda Campinas stürzen werde. Seitdem schrieb Jucelino Nobrega da Luz mehrere Warnbriefe an die Fluggesellschaft TAM. Zudem ließ er seine Voraussage notariell registrieren. Nobrega gilt als absoluter Profi unter Brasiliens Sehern. Auf seiner Internet-Homepage listet er eine Vielzahl weltweiter Ereignisse auf, die er korrekt vorhergesagt haben will.

Die Warnungen des Hellsehers finden Gehör

Zuletzt war zu lesen, dass Nobrega auch den Tod des Präsidentschaftskandidaten Eduardo Campos vorausgesehen habe. Campos war am 13. August während einer Wahlkampfreise über der Hafenstadt Santos mit einem Privatjet abgestürzt, er starb. Insgesamt soll Nobrega im Laufe der vergangenen Jahre rund 90.000 Briefe verschickt haben, in denen er vor Katastrophen warnte. Auch im brasilianischen Fernsehen trat er bereits mehrfach auf. Seine Warnungen scheinen Gehör zu finden.

Der Hausmeister eines Wohn- und Geschäftshauses an der Kreuzung, an der am Mittwoch der Flieger abstürzen soll, ist jedenfalls in Sorge: „Ohne in irgendeiner Art und Weise Panik oder Terroralarm auslösen zu wollen“, wies er vor einigen Tagen in einem Aushang die Angestellten des Gebäudes auf die spektakuläre Voraussage hin. „Ich überlasse es den für den Einsatz des Personals Verantwortlichen zu entscheiden, welche Vorsichtsmaßnahmen zu treffen seien“, heißt es in dem Aushang weiter. Gleichzeitig habe er persönlich jedoch die feste Überzeugung, dass sich der Hellseher in seiner Voraussage irre, versichert der Hausmeister.

Dieses „Ich glaube zwar nicht dran, aber man kann ja nie wissen“ erinnert ein wenig an das Werk des kolumbianischen Romanciers Gabriel Garcia Marquez. „Ich glaube nicht an Gott, aber ich habe Angst vor ihm“, schrieb der Nobelpreisträger und Erfinder des „magischen Realismus“ in seinem Buch „Die Liebe in Zeiten der Cholera“.

Die Airline änderte lieber die Flugnummer

Das manchmal seltsam anmutende Verhältnis der Lateinamerikaner zur Realität gründe darauf, dass tief in ihnen eine gespaltene Seele ruhe, glaubt Francisco Borba, Theologieprofessor an der Katholischen Universität von São Paulo. „Es gibt einen Konflikt zwischen einer ,verzauberten‘ Welt, dem Reich der Mythen, die nicht aus dem Alltag der Menschen verschwinden will, und einer Welt ohne Zauber, der modernen Welt“, sagt Borba. Ausdruck dessen sei der religiöse Synkretismus, also das Verweben unterschiedlicher Religionen in den Alltag der Menschen. „Letztlich summieren sich all diese Religionen, um die gespaltene Identität zu stärken.“ Anders gesagt: Sicher ist sicher.

Marquez’ offensichtliches Dilemma scheint außer dem Hausmeister des Wohn- und Geschäftshauses auch die Fluglinie TAM zu teilen. Sie änderte nun die Flugnummer des betreffenden Fluges. So wird die Maschine am Mittwoch um 8.30 Uhr den innerstädtischen Flughafen Congonhas ausnahmsweise unter der Nummer JJ4732 verlassen. Man werde ein Auge auf die Flugbewegungen haben, so die TAM in einem schlichten Kommentar. Allerdings folge man bei der Wartung der Maschinen natürlich sämtlichen vorgeschriebenen Sicherheitsstandards, beeilte sich die Airline zu versichern.

In den sozialen Netzwerken tauchen derweil erste Reaktionen von angeblichen Passagieren des Flugs JJ3720/JJ4732 auf. Manche sprechen davon, ihr Ticket canceln zu wollen. Ob die Posts echt sind, lässt sich nicht mit Gewissheit sagen. Die Flugaufsicht beruhigte aber schon, keine Flugroute werde über die besagte Straßenkreuzung im Zentrum São Paulos führen.