Flugreisende haben Anspruch auf Entschädigung wegen Verspätung, wenn ein Zusammenstoß von Flugzeug und Treppenfahrzeug die Ursache ist. Solch ein Unfall sei kein „außergewöhnlicher Umstand“.

Luxemburg. Ein Unfall auf dem Rollfeld befreit Airlines nicht von ihrer Ausgleichspflicht bei Verspätungen: Der Europäische Gerichtshof stärkt mit einem Beschluss erneut die Rechte von Flugreisenden. Bei technischen Problemen im normalen Alltagsgeschäft müssen die Fluggesellschaften Entschädigung für große Verspätungen zahlen, entschied der Europäische Gerichtshof in Luxemburg am Freitag (Rechtssache C-394/14). Ab drei Stunden Verzögerung stehen Passagieren laut EU-Recht in der Regel Ausgleichszahlungen zu.

Im konkreten Fall kamen drei Frauen 2011 auf dem Weg von Frankfurt mit mehr als sechs Stunden Verzug im türkischen Antalya an. Das Luftfahrtunternehmen Condor erklärte, Grund sei ein Unfall vom Vorabend. Ein Treppenfahrzeug sei gegen eine Maschine gefahren und habe sie beschädigt, der Flieger habe ausgetauscht werden müssen.

Dies sei ein „außergewöhnlicher Umstand“, bei dem laut EU-Recht keine Ausgleichszahlung für Reisende fällig wird. Das sieht der Europäische Gerichtshof (EuGH) anders. Außergewöhnliche Umstände lägen nur vor, wenn etwas geschehe, das nicht Teil des normalen Betriebs sei. Außerdem gehe es um Ereignisse, die vom Luftfahrtunternehmen nicht beherrschbar seien - Sabotage- oder Terrorakte. Gangways oder Treppenfahrzeuge hingegen seien zum Ein- und Ausstieg in Flugzeuge notwendig.

Eine Kollision könne also im Normalbetrieb vorkommen. Von der Pflicht zur Entschädigung wäre Condor also nicht grundsätzlich befreit. Den Einzelfall muss aber das Amtsgericht Rüsselsheim entscheiden. Die Richter dort hatten ihre EU-Kollegen um Rat bei der Auslegung europäischen Rechts gefragt.