Trends erobern auch die traditionellen Weihnachtsmärkte. Zum Auftakt der Saison ein Überblick, wo es vegan, bio oder erotisch zugeht – oder sogar „Schlag den Santa“ gespielt wird.

Dresden. Glühweinduft, gebrannte Mandeln und Stollen gehören zur Weihnachtszeit. Sie fehlen auf keinem Weihnachtsmarkt – egal ob in Nürnberg, München, Dresden oder Berlin. Allerdings lassen sich die Veranstalter immer wieder etwas Neues einfallen und setzen dabei auch auf Ausgefallenes – von Pornokaraoke auf der Hamburger Reeperbahn bis hin zum Spiel „Schlag den Santa“ auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt. Eine Auswahl von Besonderem auf deutschen Weihnachtsmärkten:

SCHLAG DEN SANTA: Das vielleicht schrägste Weihnachtsspiel hat man sich in Magdeburg einfallen lassen: „Schlag den Santa“ feiert 2014 Premiere. Auf der Bühne des Weihnachtsmarktes (24. November bis 30. Dezember) messen sich Konkurrenten des Weihnachtsmanns in Disziplinen wie Baumschmücken, Geschenke-Einpacken oder Weihnachtssackstemmen. Gesucht wird zudem das schrägste Weihnachtslied und die besten Sprüche rund ums Fest. Der Sieger wird am 26. Dezember gekürt.

EROTISCHER WEIHNACHTSMARKT: Wenig besinnlich, dafür aufreizend geht es wieder auf dem Reeperbahn-Weihnachtsmarkt „Santa Pauli“ (20. November bis 23. Dezember) in Hamburg zu. Ganz nach Kiez-Manier warten Engel im Stripzelt, beim „Pornokaraoke“ können Besucher um die Wette stöhnen. In der Lounge warten dazu passend Getränke wie „Bordsteinschwalbe“ oder „Nussknacker“.

UNGEWÖHNLICHER WEIHNACHTSBAUM: Den Mittelaltermarkt am Dresdner Schloss (25. November bis 23. Dezember) schmückt in diesem Jahr ein Weihnachtsbaum aus Kupfer. Er verliert garantiert keine Nadeln. Aus den Zweigen des gut vier Meter hohen, handgeschmiedeten Baums rinnt Wasser und gefriert zu Eiszapfen, wenn es kalt genug ist. Nach einem Brand in den Vorjahren dürfen in dem historischen Stallhof keine echten Kerzen und brennbaren Bäume mehr aufgestellt werden. Und der Baum bietet noch einen Vorteil gegenüber den herkömmlichen: Er wird von Jahr zu Jahr grüner – wegen der Patina.

ÖKO, BIO, VEGAN, GLUTENFREI: Im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg bieten Händler an den Sonntagen der Vorweihnachtszeit beim Advents-Ökomarkt am Kollwitzplatz ihre Produkte an, von der Öko-Gans bis zum Weihnachtsschmuck und Baum aus fairem Handel. Auch Bratwurst und Glühwein gibt es bio. In München gibt es zum ersten Mal auf dem Christkindlmarkt (27. November bis 24. Dezember) veganes Kletznbrot. Der Weihnachtsmarkt liegt mit diesem Früchtebrot laut Veranstalter „voll im Trend.“ Elisenlebkuchen gibt es glutenfrei zu kaufen – für Leute mit Allergie. Auch sonst gibt sich der Münchner Christkindlmarkt mit Bio-Glühwein, Mehrweg-Geschirr und bayerischen Bio-Fleckerln ökologisch. Die Stände werden mit Ökostrom versorgt.

RIESENWEIHNACHTSKUGEL: Wer schon immer wissen wollte, wie eine Weihnachtskugel von innen aussieht, sollte den Ludwigshafener Weihnachtsmarkt besuchen. Hier steht eine fünf Meter hohe, begehbare Weihnachtskugel. Um das runde Metallgerippe herum sind 20 000 LED-Lichter angebracht. Sie sollen bis zum 24. Januar strahlen. Am 21. November öffnet der Weihnachtsmarkt seine Tore.

LUSTIGES RÄUCHERMÄNNCHEN: Die Kunstgewerbe-Werkstätten Olbernhau (Erzgebirge) haben nach dem Vorbild des 2013 gestorbenen Sängers und Komponisten Reinhard Lakomy ein Räuchermännchen geschaffen. „Stilecht in orangefarbenem Pullover, Zottelhaaren und Keybord unterm Arm“, erklärt Geschäftsführer Stefan Feldevert. Das etwa 18 Zentimeter hohe Männlein wurde auf Wunsch der Familie Lakomy gefertigt. Unterm Arm trägt der Räucher-Lakomy sein Kinderlieder-Album „Traumzauberbaum“.

WOHL HELLSTER WEIHNACHTSBAUM: Rund 6000 Leuchten strahlen an einer Fichte in Frankfurt am Main, in diesem Jahr erstmals als LED. Jedes Jahr wird eifrig diskutiert, ob der Baum zu schief oder knorrig ist. Der Anspruch ist groß, etwa 30 Meter hoch sollte der Baum sein. Und um diese Höhe zu erreichen, ist ein gewisses Alter notwendig. In der Regel um die 100 Jahre. „Und da ist es wie beim Menschen: Mit dem Alter wird man nicht zwingend schöner“, sagt Kurt Stroscher von der Tourismus und Congress GmbH der Stadt. Den Frankfurter Weihnachtsmarkt (26. November bis 22. Dezember) vor dem Rathaus Römer besuchen jedes Jahr etwa drei Millionen Menschen.

GRÖSSTE WEIHNACHTSPYRAMIDE: Sie steht auf dem Dresdner Striezelmarkt (27. November bis 24. Dezember), einem der ältesten Weihnachtsmärkte Deutschlands. Das sagt zumindest das Guinnessbuch der Rekorde. Bald dreht sich die 14,62 Meter hohe erzgebirgische Stufenpyramide aus Holz. 43 Figuren zieren die sechs Etagen. Zwar gab es im Vorjahr Streit mit Berlin darüber, wer die größte Pyramide ausstellt – das Berliner Schmuckstück maß knapp 22 Meter. Das Dresdner Exemplar, handgefertigt im Erzgebirge, sei allerdings die größte erzgebirgische Pyramide, verteidigten die Veranstalter.

Wirtschafsfaktor Weihnachtsmarkt

Glühwein, fettige Reibekuchen und dazu noch etwas Christbaumschmuck: Für Besucher von Weihnachtsmärkten ist das selbstverständlich – für Marktleute und Schausteller ist es ein Riesengeschäft. „Der Run auf die Weihnachtsmärkte ist ungebrochen“, sagt Hans-Peter Arens, Präsident des Bundesverbands Deutscher Schausteller und Marktkaufleute. Vereine und Clubs veranstalten ihm zufolge inzwischen Busreisen zu den Weihnachtsmärkten im Land – und lassen dort ordentlich Geld.

Nach einer Erhebung des Branchenverbandes erwirtschaften die Märkte jedes Jahr Erlöse zwischen drei und fünf Milliarden Euro. Die Schausteller machen in dieser Zeit Arens zufolge ein Drittel oder sogar die Hälfte ihres Jahresumsatzes.

Trend zum Glühwein

Manche Buden üben dabei allerdings einen ganz besonderen Zauber aus: „Ein starker Trend ist der zum Glühwein“, erzählt Arens. Ihm zufolge würden die meisten Budenbetreiber lieber das süße Gesöff verkaufen statt beispielsweise Spielzeug oder Strohsterne. Das hat einen einfachen Grund: Dem Verband zufolge machen Glühweinbuden verglichen mit anderen Ständen je nach Stadt und Lage das Doppelte oder sogar das Dreifache an Umsatz.

Damit auch die anderen Buden auf ihre Kosten kommen, subventionieren gut gehende Stände die schwächeren, wie aus dem jüngsten Newsletter des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zu dem Thema hervorgeht. Ein Meter Marktstand kostet demnach in Nürnberg für einen Glühweinverkäufer etwa 522 Euro Miete in der Saison. Der Betreiber einer Handwerksbude zahlt hingegen nur 83 Euro.

Hoteliers und Gastronomen profitieren

Am Rande des Weihnachtsmarkts reiben sich aber noch andere die Hände – denn auch Gastronomen, Hoteliers und Einzelhändler profitieren von dem Ansturm auf den Budenzauber.

„Dann sagen die Leute: Wir trinken noch einen Absacker oder man hat sich nochmal Appetit geholt“, sagt ein Sprecher des Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga. Zudem brauchen die Busreisenden, die sich von nah und fern auf die Märkte karren lassen, einen Platz zum Schlafen. Zahlen, wie sich der Weihnachtsmarkt-Tourismus auf die Hotelbuchungen auswirkt, hat der Verband allerdings nicht.

Auch die Einzelhändler sehen Vorteile: „Das zieht Leute in die Innenstädte und bringt sie in Weihnachtsstimmung“, sagt ein Sprecher des Handelsverbands HDE. „Das bringt natürlich auch dem Einzelhandel was.“ Insgesamt prognostiziert der HDE für das diesjährige Weihnachtsgeschäft ein Umsatzplus von 1,2 Prozent auf 85,5 Milliarden Euro.

Startschuss schon im November

Dass sich mit den Weihnachtsmärkten gute Geschäfte machen lassen, führt auch dazu, dass vielerorts schon Anfang November auf Märkten Glühwein ausgeschenkt wird – oder sogar noch im Januar. Offiziell beginnen die meisten aber erst kurz vor dem ersten Adventswochenende.

„Für alle, die verkaufen, ist die Zeit von Anfang November bis Ende Dezember die stärkste Zeit überhaupt. Da geht man natürlich bis an die Grenzen“, erklärt Arens vom Schaustellerverband. Beispiele dafür sind etwa der Winterzauber in Stuttgart – wo schon ab Anfang November rund um eine Eislaufbahn Glühwein und Reibekuchen verkauft werden – oder die Winterwelt am Potsdamer Platz in Berlin, wo es vom 1. November an Jagertee, Rodel- und Eislaufbahnen gibt. Bis in den Januar hinein läuft indes etwa der Weihnachtsmarkt am Jungfernstieg in Hamburg.

Die frühen Umsätze machen dem Verband zufolge etwa zwei Drittel der Tagesumsätze aus, die in der Adventszeit gemacht werden. Nach Weihnachten ist der Anteil demnach allerdings geringer.

Wichtig ist aber wie bei den meisten Veranstaltungen unter freiem Himmel ohnehin vor allem eines: Das Wetter. „Ideal ist eine Temperatur zwischen vier und zehn Grad. Im Minusbereich gibt es Schwierigkeiten“, sagt Arens. Und was ist mit stimmungsvollen Schneeflocken? Dann blieben viele Gäste wegen Schwierigkeiten bei der Anreise zuhause, erklärt er. „Schnee gehört in die Berge.“