Er gilt als Multitalent und extrovertiert. Plaudert munter drauf los, ist selbst aber höchst sensibel. Designer Joop gehört in der Modewelt zu den Großen – neuerdings ist der Potsdamer auch TV-Star.

Potsdam. Niederlagen gab es in seinem Leben durchaus. Doch Modeschöpfer Wolfgang Joop ist immer wieder aufgestanden – und hat sich neu erfunden. Jüngst als Juror neben Model-Mama Heidi Klum. Nachdem er bei „Germany's Next Topmodel“ in der vergangenen Staffel überraschend zum Publikumsliebling avancierte, ist er auch für die zehnte Folge gebucht. Am 18. November wird der Potsdamer 70 Jahre alt – und denkt nicht ans Aufhören. „Ich bin es gewöhnt, dass ich gefordert und gewollt werde. Das ist das beste Antidepressivum“, so Joop im Interview.

GNTM: Erst Kritiker, dann Juror

Dass er vor kurzem noch zu den prominentesten Kritikern der ProSieben-Reihe gehörte, scheint vergessen. Der Designer ist selten verlegen um eine Antwort, sondern plaudert gerne drauf los – und landet manchmal im Fettnapf. So sorgte bei der Hohenzollern-Hochzeit im August 2011 in Potsdam für Irritation, dass der Modeschöpfer im TV-Interview Details zu dem von ihm geschaffenen Kleid ausplauderte, bevor die Braut Sophie Prinzessin von Ilsenburg darin zu sehen war.

Typisch Joop: Wenn er spricht, sprudelt es mitunter aus ihm raus. Die Sätze sind geschliffen, bergen Wissen. Doch es mischen sich viele englische Wörter darunter, was ihn prompt zu einem Kandidaten für den Antipreis „Sprachpanscher 2014“ des Vereins Deutscher Sprache machte.

Privat sensibel

Privat jedoch ist der Modemacher, der zusammen mit Karl Lagerfeld und Jil Sander zu den erfolgreichsten Deutschen in dieser Branche zählt, sensibel. In seiner 2013 erschienenen Autobiografie „Undressed – Aus einem Leben mit mir“ berichtet er von Unsicherheit, Einsamkeit und zahlreichen Niederlagen.

Dabei ist Joop ein Multitalent: Er hat Werbepsychologie und Kunsterziehung – allerdings nicht bis zum Abschluss – studiert, machte später als bildender Künstler, Maler, Schriftsteller und Schauspieler von sich reden. Zeichnen ist jedoch sein größtes Talent. Das wusste er bereits in der Schule einzusetzen: Gegen eine Pin-up-Zeichnung sagten ihm die Mitschüler Lösungen vor. Bekanntwurde er mit der Marke Joop!, die er jedoch 1998 verkaufte.

Geboren auf einem Potsdamer Bauernhof, verfrachtet nach Braunschweig, sehnte sich Joop zu DDR-Zeiten in die Heimat zurück und genoss die seltenen Besuche in Potsdam bei seiner geliebten Tante Ulla auf dem Familienstammsitz Gut Bornstedt. 1998 kehrte der Erfolgsdesigner zurück in seine Heimatstadt.

„Potsdam im Herzen“

„Er trägt Potsdam in seinem Herzen“, meint Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD). Er sei ein engagierter Bürger, der regen Anteil an den Debatten in der Stadt nehme. So trieb es den Designer im Juni 2012 neben TV-Moderator Günther Jauch auf die Straße, um für eine Kunsthalle zu demonstrieren, die Software-Milliardär Hasso Plattner in der Stadtmitte errichten wollte.

Gemeinsam mit Partner Edwin Lemberg und Hündin Lotte lebt Joop in der sanierten „Villa Wunderkind“ am Heiligen See. Mit Lemberg baute er auch das Luxuslabel Wunderkind auf, mit dem er sich 2003 überraschend in der Welt der Haute Couture zurückmeldete.

Ex-Frau Karin sowie die Töchter Jette und Florentine mit ihren Familien sind in Reichweite. Nach dem Tod seiner geliebten Mutter Charlotte 2010 störte bis vor etwa einem Jahr ein erbitterter Erbstreit mit Jette um Gut Bornstedt das Idyll.

Wunderkind-Rettung

Zu Joops wichtigsten Erfolgen gehört, dass er sein angeschlagenes Luxuslabel gerettet und Wunderkind 2012 zurück auf den Laufsteg gebracht hat. Damit hat er sich einen Traum erfüllt und die Anerkennung der Branche bekommen. Aber es hat ihn Kraft und Millionen Euro gekostet.

Als der Modemacher, der auch in New York und Monaco gelebt hat, 2012 den Designpreis der Bundesrepublik Deutschland erhielt, war er gerührt. „Ich habe das Gefühl, zu Hause angekommen zu sein“, so Joop. „Man muss oft einen weiten Weg gehen, wie ein Handwerksgeselle den Rucksack schnüren, um nach Hause kommen zu dürfen.“

Zu seinem 70. Geburtstag will sich der Designer „davonmachen“. Obwohl er mit Hochdruck an der Winterkollektion 2015/16 arbeitet, wirkt er entspannt: „Ich konnte in jedem Fall eine so große Strecke an Frieden, Luxus und Selbstverwirklichung erleben, dass ich an einen Punkt gelangt bin, an dem ich sage: Was jetzt noch kommt, sind nur noch die Kirschen auf dem Kuchen.“