In Guinea wollten Mediziner Dorfbewohner über die Krankheit aufklären. Dreitägige Ausgangssperre in Sierra Leone

Conakry/Freetown. Das Treffen begann friedlich. Die Anführer des Dorfes Wome im Südosten Guineas begrüßten die Besucher mit zehn Kolanüssen, wie es die Gastfreundschaft vorsieht. Drei Ärzte waren mit Mitarbeitern angereist, um über die Ebola-Epidemie zu informieren. Begleitet wurden sie von einigen Journalisten. Die Region ist von besonderem Interesse, hatte es hier doch die ersten tödlichen Ebola-Fälle gegeben. Doch später, so schilderte es ein Bewohner der Zeitung „Guardian“, seien die Besucher von Jugendlichen mit Steinen angegriffen und weggezerrt worden.

Einer Journalistin gelang die Flucht, ihre Mitreisenden blieben dagegen vorerst verschollen. Drei Tage später teilte Guineas Regierungssprecher Albert Damantang Camara schließlich mit, dass acht Leichen gefunden worden seien, darunter die dreier Radiojournalisten. Alle Getöteten waren Staatsbürger Guineas. Sie lagen in der Latrine der Dorfschule.

Die Motive scheinen klar. In den drei am meisten betroffenen Ländern Sierra Leone, Guinea und Liberia misstrauen viele den Helfern in ihren Schutzanzügen. Im August hatte es nicht weit von dem Todesdorf Ausschreitungen gegeben. Damals hatten die Behörden mit Chlor einen Markt desinfizieren lassen. Unter den Passanten verbreitete sich rasant das Gerücht, es handele sich um das Virus, das hier verbreitet werde.

Viele Familien halten Angehörige mit Ebola-typischen Symptomen versteckt, statt sie zu Isolationsstationen zu bringen. Denn nur wenige haben diese Einrichtungen lebend wieder verlassen, was freilich nicht gegen die medizinische Versorgung spricht, sondern die meist tödliche Wirkung des Virus illustriert. Nachdem öffentliche Kampagnen wenig Erfolg zeigten, hat das erste betroffene Land nun eine verzweifelt anmutende Maßnahme ergriffen.

In Sierra Leone wurde in der Nacht zu Freitag eine dreitägige Ausgangssperre verhängt – für alle sechs Millionen Bürger. „Wir müssen die Bewegungsfreiheit für alle Bürger einschränken, um direkten Körperkontakt zu vermeiden“, sagte Regierungssprecher Abdulai Baratay. Tausende Freiwillige sollen während dieser Zeit die 1,5 Millionen Haushalte besuchen, um Desinfektionsmaterial zu verteilen. Sie formen dabei Viererteams, wohl auch aus Sicherheitsgründen: Die Behörden befürchten weitere Aggressionen.

Das eigentliche Ziel spielt in offiziellen Verlautbarungen nur eine Nebenrolle. Die Trupps seien nicht mit dem Aufspüren von versteckt gehaltenen Patienten beauftragt, behauptete die Regierung. Allerdings seien die Teams angehalten, den Notruf zu kontaktieren, „wenn sie zufällig in eine solche Situation kommen sollten“.

In der Hauptstadt Freetown wurden 200 neue Betten in Schulen und Krankenhäusern aufgestellt, man rechnet mit 15 bis 20 Prozent mehr Fälle. Am Donnerstag waren die Geschäfte und Märkte in der Hauptstadt Freetown völlig überlaufen, berichtete der TV-Sender BBC, weil sich die Menschen mit dem Notwendigsten für die kommenden Tage eindeckten. Hilfsorganisationen kritisierten die Aktion: So werde das Vertrauen in das medizinische Personal weiter untergraben, Erkrankte würden in den Untergrund getrieben.

Immerhin hat die internationale Gemeinschaft inzwischen den Ernst der Lage erkannt. Die USA wollen 3000 Soldaten schicken, die Kliniken aufbauen und Pflegekräfte ausbilden sollen. Ein Uno-Sicherheitsrat ordnete zudem die Epidemie als eine Gefahr für den Weltfrieden ein. Einstimmig wurde eine Resolution verabschiedet, in der dazu aufgerufen wird, mehr Ressourcen zur Ebola-Bekämpfung bereitzustellen. Noch im September soll die Mission Unmeer (United Nations Mission for Ebola Emergency Response) auf den Weg gebracht werden, für die ein Halbjahresbudget in Höhe von knapp 800 Millionen Euro veranschlagt ist.

130 Länder, so viele wie nie in der Uno-Geschichte, haben Finanzhilfe zugesagt. In Deutschland sollte ein Krisenstab noch am Freitag Hilfen festlegen. Dabei gehe es um Transportkapazitäten, Personal und mobile Krankenstationen, so ein Sprecher des Auswärtigen Amtes. Aus Uno-Sicht könnte die Epidemie in sechs bis neun Monaten gestoppt werden, das gelte aber nur im Falle einer großen „globalen Reaktion“. Sie müsse die derzeitigen Maßnahmen um das Zwanzigfache übersteigen.

Wegen eines Ebola-Verdachts bei einem Besatzungsmitglied hat unterdessen die Regierung von Malta einem Frachtschiff aus Hongkong die Einfahrt in Häfen des Landes verweigert. An Bord sollen zwei Männer mit Ebola-Verdacht sein. Der Frachter hat daraufhin am Donnerstagabend Kurs auf Sizilien genommen, der nun nach Sizilien unterwegs ist, soll zuvor in Westafrika gewesen sein.