Wegen der Ebola-Seuche eskaliert in Guinea die Gewalt, im Nachbarland Sierra Leone dürfen die Menschen nicht vor die Tür. Laut UN müsse die Hilfe für Westafrika „verzwanzigfacht“ werden. Auch die Bundeswehr soll eingesetzt werden.

Conakry/Freetown. In dem von Ebola betroffenen Südosten Guineas haben aufgebrachte Dorfbewohner Augenzeugen zufolge sechs Regierungsvertreter und Journalisten getötet. Die Delegation war in der Region um Womey unterwegs, um die Menschen über die Gefahren durch das Virus zu informieren. Die genauen Hintergründe der Tat waren zunächst unklar.

Die Dorfbewohner weigerten sich offenbar, den Behörden die Leichen der Delegation zu übergeben. Zudem werden drei Vertreter noch in dem Ort festgehalten, wie ein Augenzeuge berichtete. Zu der Gruppe gehörten ein örtlicher Gouverneur, mehrere Direktoren und Manager von Gesundheitszentren und Krankenhäusern sowie drei Journalisten.

Bevölkerung glaubt nicht an Existenz von Ebola

In vielen Teilen Westafrikas glaubt die Bevölkerung jedoch nach wie vor nicht an die Existenz der Seuche. Vor allem Ärzten und Gesundheitsbehörden stehen die Bürger skeptisch gegenüber, weil sie lieber auf traditionelle Heiler vertrauen.

In Guineas Nachbarland Sierra Leone begann am Freitag die dreitägige landesweite Ausgangssperre. Bis zum Sonntag sollen über 20 000 Gesundheitsarbeiter von Haus zu Haus gehen, um die Bevölkerung über das Virus aufzuklären, mögliche Ebola-Kranke ausfindig zu machen und 1,5 Millionen Stück Seife zu verteilen. Dies soll das Virus eindämmen. „Wir müssen die Bewegungsfreiheit für alle Bürger einschränken, um direkten Körperkontakt zu vermeiden“, sagte Regierungssprecher Abdulai Baratay der Nachrichtenagentur dpa. Augenzeugen berichteten, dass die Straßen der Hauptstadt Freetown seit Freitagmorgen völlig leer seien

Experten stehen dem Schritt kritisch gegenüber. Es bedürfe Helfer mit viel Erfahrung, um bei einem solchen Tür-zu-Tür-Screening Menschen mit Ebola-Symptomen auszumachen, hatte die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen kürzlich mitgeteilt. Zudem gebe es nicht genug Ebola-Zentren, um neue Patienten aufzunehmen.

„Gefahr für Frieden und Sicherheit der Welt“

Der UN-Sicherheitsrat stufte die Epidemie am Donnerstag (Ortszeit) als „Gefahr für Frieden und Sicherheit der Welt“ ein. Mit einer einstimmig beschlossenen Resolution mahnte das mächtigste UN-Gremium bei einer Sondersitzung mehr Hilfe für die betroffenen Länder in Westafrika an. Zudem wollen die Vereinten Nationen noch in diesem Monat eine Sondermission nach Westafrika schicken. Es werde weitaus mehr Hilfe der internationalen Gemeinschaft gebraucht, sagte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. „Unsere bestmögliche Schätzung ist, dass wir die Anstrengungen verzwanzigfachen müssen.“

Die Bundesregierung wehrte sich gegen Kritik wegen angeblich unzureichender deutscher Hilfsleistungen. Regierungssprecher Steffen Seibert verwies darauf, dass Deutschland bereits vor mehreren Monaten tätig geworden sei und ein „breites Angebot“ an die betroffenen Länder gemacht habe. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen hatte zuvor kritisiert, dass die Bundesregierung offensichtlich nicht das Ausmaß der Epidemie begriffen habe.

Geplant ist nach Regierungsangaben unter anderem, dass die Bundeswehr mit zwei Transall-Transportmaschinen eine Luftbrücke in die Region aufbaut. Zudem soll die Finanzhilfe aus Deutschland um mehr als 15 Millionen Euro aufgestockt werden. Weitere Hilfe aus Deutschland soll am Freitag bei einem Krisentreffen der beteiligten Ministerien im Auswärtigen Amt abgestimmt werden.

Epidemie könnte Wirtschaft beeinflussen

Nach Einschätzung von Weltbankchef Jim Yong Kim könnte die Epidemie die Weltwirtschaft beeinflussen. Er sei aber zuversichtlich, dass die Staatengemeinschaft das Problem in den Griff bekomme, sagte er vor dem G20-Treffen der Finanzminister in Australien.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) registrierte bis 14. September in Liberia, Sierra Leone, Guinea, Nigeria und dem Senegal 5357 Ebola-Patienten, 2630 davon sind gestorben. Darunter sind auch viele Helfer. Eine infizierte Mitarbeiterin von Ärzte ohne Grenzen wurde in der Nacht zum Freitag in ein Krankenhaus bei Paris gebracht.

Hilfe verwehrt wurde dem Besatzungsmitglied eines Frachters. Am Donnerstag hatte die Regierung des Mittelmeer-Staates Malta dem Schiff wegen des Ebola-Verdachts an Bord die Einfahrt in seine Häfen verweigert. Es nahm daraufhin Kurs auf Sizilien.