Ein Familienvater ersticht seine behinderte Frau. Sein Versuch, die Mutter zu schützen, bezahlt der Sohn fast mit dem Leben. Urteil nach einer Tragödie mit der zwei Geschwister leben müssen.

Mönchengladbach. Weil er seine halbseitig gelähmte Frau erstochen und seinen Sohn lebensgefährlich verletzt hat, ist ein Mann in Mönchengladbach zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Der 54-Jährige habe seine Frau mit 33 Messerstichen im Affekt umgebracht, stellten die Richter am Landgericht Mönchengladbach am Montag in der Urteilsbegründung fest. Als der Sohn die Mutter schützen wollte, habe der Mann den damals 14-Jährigen töten wollen und lebensgefährlich verletzt. Die familiäre Situation habe sich durch die drohende Trennung der Eheleute zugespitzt. Revision ist zugelassen.

Der Verurteilte verfolgte die Urteilsbegründung äußerlich teilnahmslos wirkend mit gesenktem Blick – auch als der Vorsitzende Richter Lothar Beckers die dramatischen Ereignisse des 24. Januar schilderte: Das Paar hatte immer wieder Streit, weil der Mann zu viel trank. Wenn er betrunken war, musste er im Keller ausnüchtern. Die Tochter war mehrere Tage nicht nach Hause gekommen. Mit den Nachbarn gab es wegen der Trinkerei Probleme. „Für den Angeklagten spitzte sich die Situation zu“, sagte der Richter. Am Tattag war er trotz 2,3 Promille Alkohol im Blut aus dem Keller in die gemeinsame Wohnung gekommen. Er habe den Lieben gespielt und gedacht, es sei dann wieder alles gut. Sie habe gebrüllt: „Raus, raus, raus.“

Auf seine Liebeserklärung habe sie gesagt: „Ich hasse dich aber“, schilderte der Richter: Sie flüchtet vor dem Ehemann ins Schlafzimmer, aber bevor die behinderte Frau die Tür schließen kann, drückt er sie mit einem Küchenmesser bewaffnet auf. Er sticht der Frau in den Rücken, sie fällt zu Boden. „Jetzt ist es vorbei“, sagt der Mann noch. Da springt der 14-jährige Sohn den Vater an, ist aber nicht stark genug. Der Vater schleudert den Jungen weg und sticht ihm in Herzbeutel und Lunge. Die Richter stellten fest, der Mann habe seinen Sohn töten wollen, um seine Frau endgültig umzubringen.

Der Junge habe dem Vater noch das Messer aus der Hand geschlagen, sagte Beckers und schilderte den letzten Rettungsversuch des Jungen: Als der Vater in die Küche geht, um ein anderes Messer zu holen, versucht der lebensgefährlich verletzte Junge die Schiebetür zuzuhalten. Vergeblich. Der Vater sticht 33 Mal auf die Mutter ein. Tödlich sei die Verletzung an der Halsschlagader gewesen, sagte Beckers. Das Opfer sei in wenigen Minuten verblutet. Beim Polizeieinsatz habe nicht einmal Reizgas gewirkt. „Die Beamten hatten den Eindruck, es mit einem Verrückten zu tun zu haben“, sagte der Richter. Als der Täter mit einer Axt auf sie losgehen wollte, traf ihn eine Polizeikugel.

Für die Verurteilung wegen Totschlags, und nicht wie angeklagt wegen Mordes, führten die Richter mehrere Gründe an: Der Mann sei in seiner Entwicklung in der Pubertät stehen geblieben und habe einen Hang zum Alkohol. Laut Gutachten habe er eine Persönlichkeitsstörung. Die Messerattacke habe er im Affekt begangen. Die Arg- und Wehrlosigkeit seiner Frau dabei nicht bewusst ausgenutzt.

Für seinen Sohn muss der Täter 35.000 Euro Schmerzensgeld bezahlen. Körperlich sei bei dem Jungen kein Schaden zurück geblieben. Aber wegen seiner posttraumatischen Belastungsstörung habe er eine Therapie begonnen. Seine 13-jährige Schwester sei noch nicht so weit. Auch sie könnte gegebenenfalls noch Schmerzensgeld bekommen.