Der beste Freund des Menschen hat auch echte Feinde: So mancher hegt einen regelrechten Hass gegen die Vierbeiner - und versucht mit allen Mitteln, ihnen zu schaden. Neue Fälle erschüttern.

Leipzig. Rattengift in Frikadellen, Nägel in Bockwürsten, Glassplitter in Käsewürfeln – immer wieder werden in Deutschland Hunde Opfer von Attacken. Die Besitzer sind nur manchmal schnell genug zur Stelle, um Schlimmeres zu verhindern. Oft verschlingen Tiere die gespickten Köder, müssen notoperiert werden oder verenden. Nur selten werden die Täter gefasst.

Erst jüngst kam es in Leipzig und Merseburg zu neuen Vorfällen. So entdeckte im Leipziger Rosenthal ein 28-jähriger Hundebesitzer Wurststückchen, die mit Nägeln und Angelhaken gespickt waren. Er warnte die anderen Hundebesitzer. Polizei und Ordnungsamt suchten die Parkflächen sorgfältig ab. Mindestens zwei Hunde, die Wurstköder verschluckt hatten, mussten notoperiert werden. Die Polizei ermittelt wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz. Darauf stehen bis zu drei Jahre Haft.

Die Polizei erfahre von solchen Vorfällen nur, wenn Anzeige erstattet werde, sagt ein Sprecher. Das sei aber nicht immer der Fall. „Inzwischen läuft vieles über die sozialen Netzwerke, über die Hundebesitzer sich gegenseitig warnen.“ Es sei schwierig, die Täter zu finden. „Entweder geschieht das durch einen Hinweis oder Kommissar Zufall hilft und derjenige, der das macht, wird beobachtet.“

Regelmäßig geht Nikos Klemm (37) mit seiner Freundin und seinen Hunden durch das Rosenthal. Sie selbst seien von der Attacke verschont geblieben, aber eine sehr enge Freundin von ihnen gehörte zu denen, deren Hund durch eine Operation gerettet werden musste.

Klemm sieht noch eine ganz andere Dimension der Angriffe: „Ich habe eine zweijährige Tochter. Was ist, wenn sie mal so einen Köder findet und verschluckt?“ Der Leipziger hat inzwischen im Internet eine Belohnung auf die Ergreifung des Täters ausgesetzt. Er selbst nennt es „Kopfgeld“. Die Polizei warnt jedoch davor, zur Selbstjustiz zu greifen.

Es wird keine Statistik über die Häufigkeit von Attacken auf Hunde oder andere Tiere geführt. Dadurch sei es auch kaum möglich zu klären, ob das Auslegen von Giftködern zugenommen hat, heißt es beim Deutschen Tierschutzbund. Die veränderte Medienlandschaft mit Online-Versionen lokaler Zeitungen und Social Media führe sicher dazu, dass Fälle, die vor einigen Jahren nur lokal thematisiert wurden, nun bundesweite Aufmerksamkeit erfahren.

Im schleswig-holsteinischen Elmschenhagen starb im Mai ein Podenco-Mischling an schweren inneren Verletzungen, nachdem er einen Köder mit einer Rasierklinge verschluckt hatte. In Bietigheim in Baden-Württemberg verendeten ebenfalls im Mai zwei Hunde innerhalb weniger Minuten. Der neunjährige Dackel-Cockerspaniel-Mischling und ein einjähriger japanischer Shiba Inu hatten vergiftete Hackfleisch-Bällchen gefressen. Im Umkreis lagen obendrein einige tote Vögel, von denen die Polizei annimmt, dass sie an den Bällchen gepickt haben könnten.

Der Marburger Persönlichkeitspsychologe Gerhard Stemmler analysiert, die Täter könnten Menschen sein, die nicht die richtigen Mechanismen gelernt hätten, sich mit bestimmten Situationen auseinanderzusetzen. „Sie fühlen sich oft ungerecht behandelt“, bemerkt der Professor, der auch Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Psychologie ist. Die Täter sähen sich etwa durch Hundegebell, Kothaufen oder auch Angst vor den Vierbeinern in ihrer Freiheit eingeschränkt.

So entstehe ein Gefühl des Ärgers, der durchaus berechtigt sein könne, sagt Stemmler. „Die Frage ist: Wie geht man damit um?“ Attacken auf Hunde seien aggressive Taten, die Menschen versteckt und heimlich begingen, weil sie Sanktionen befürchteten. „Sie tun etwas, das unmoralisch und verboten ist und auch sadistisch.“ Besser wäre es, offen auf Hundehalter zuzugehen und ihnen zu sagen, was einen stört. Mit Blick auf die Attacken bemerkt Stemmler: „Aber manche Leute greifen zu solchen Mitteln, weil sie Angst haben, den Kürzeren zu ziehen.“