Die 21-jährige Pattaramon Chanbua aus Thailand kümmert sich rührend um den kleinen Gammy, der wegen Trisomie 21 von seinen biologischen Eltern verstoßen wurde. Reporter findet das Paar in Australien.

Perth/Sri Racha. Reporter haben in Australien die vermeintlichen Eltern des in Thailand bei einer Leihmutter im Stich gelassenen kranken Babys Gammy aufgespürt. Die beiden hätten zwar eine Tochter, die Gammys Zwillingsschwester sein könne, stritten aber ab, die Eltern des Jungen zu sein, berichtete der Sender Channel 9 am Montag.

Dem Sender ABC sagte der Mann, das Krankenhaus habe den Jungen nie erwähnt. Die Leihmutter in Thailand berichtete dagegen, der Vater habe das Mädchen im Krankenhaus besucht, den Jungen, der Down Syndrom hat, aber keines Blickes gewürdigt. Gammy erholte sich am Montag von einer Lungenentzündung im Krankenhaus.

Die erst 21 Jahre alte Leihmutter Pattaramon Chanbua hat ein großes Herz. Denn wütend auf die biologischen Eltern des kleinen Gammy ist sie nicht. Sie hofft nur, dass die Familie sich wenigstens um die kleine Zwillingsschwester gut kümmert.

„Ich bin nicht wütend und ich hasse sie auch nicht“, sagt die junge Frau aus dem Küstenort Sri Racha über das australische Paar. „Ich bin bereit, ihnen zu vergeben.“ Sie wünsche sich nur, dass die beiden das Mädchen so sehr liebten wie sie seinen Zwillingsbruder, den kleinen Gammy. „Ich möchte, dass sie gut versorgt wird.“ Pattaramon hat die beiden Australier nur einmal getroffen und weiß nur, dass sie aus dem Staat Western Australia kommen.

Australiens Einwanderungsminister Scott Morrison lobte die Leihmutter als „Heilige“ und „absolute Heldin“. Pattaramon und ihr Sohn hätten eine „schreckliche, einfach nur fürchterliche und herzzerreißende“ Behandlung erfahren, sagte Morrison am Montag dem Radiosender 2GB. Zwar gebe es „viele Australier, die unbedingt Eltern werden wollen, aber das rechtfertigt nicht, was wir hier erlebt haben“.

Leihmutter wartet noch immer auf Geld

Nach der Geburt der Zwillinge musste Pattaramon ihren Job als Verkäuferin aufgeben. Nun kümmert sie sich um Gammy, der das Down-Syndrom und einen Herzfehler hat. Im Moment wird er wegen einer Lungeninfektion im Krankenhaus behandelt. Das Geld für die Leihmutterschaft könnte sie jetzt gut gebrauchen. 300.000 Baht wurden ihr von einer Agentur zur Vermittlung von Leihmüttern in Bangkok für die Schwangerschaft versprochen, umgerechnet etwa 6900 Euro. Sie sagt, sie habe noch immer nicht die vollständige Summe erhalten.

Die Agentur habe im vierten oder fünften Monat der Schwangerschaft von dem Down Syndrom bei einem der Zwillinge erfahren, sie aber nicht über die Diagnose informiert, sagt Pattaramon. Sie habe erst im siebten Monat davon erfahren. Die Agentur und auch die Ärzte hätten ihr vorgeschlagenen, den betroffenen Jungen abtreiben zu lassen. Für Pattaramon war das undenkbar. Für sie ist eine Abtreibung Sünde. „Ich habe sie (die Ärzte) gefragt: Seid ihr überhaupt Menschen? Das wollte ich wirklich wissen.“

Debatte wegen Schlupflochs in Thailand

Das Schicksal des kleinen Gammy macht die Öffentlichkeit aufmerksam auf ein gesellschaftliches Problem in Thailand, wo Leihmutterschaften wegen Schlupflöchern im Gesetz möglich sind. Die dortigen Behörden erklärten in der vergangenen Woche, derzeit könnten 50 Babys, die von Leihmüttern für israelische Paare ausgetragen wurden, das Land nicht verlassen. Grund sei die ungeklärte Frage ihrer Nationalität.

„Die thailändischen Behörden arbeiten an einem Gesetz, das eine Leihmutterschaft für Personen außerhalb der eigenen Familie verbietet“, sagt Pavena Hongsakul, frühere Ministerin für Soziale Entwicklung. „Dieser besorgniserregende Trend kann zu anderen Problemen wie Menschenhandel führen.“ Eine Leihmutter bekommt ihren Angaben zufolge üblicherweise zwischen 300.000 und 350.000 Baht (6900 Euro bis 8100 Euro) für eine Schwangerschaft. Diesen Preis zahlen Paare aus dem Ausland, die selbst kein Kind zeugen können.

Online-Kampagne für Gammy

Pattaramon, die schon einen sechs Jahre alten Sohn und eine dreijährige Tochter hat, wandte sich zu Beginn des vergangenen Jahres via Facebook an die Agentur. Sie benötigte Geld, um Schulden zu bezahlen. Nun will sie bei der Polizei Anzeige erstatten, um doch noch das restliche Geld von der Agentur zu bekommen.

Unterdessen rührt Gammys Schicksal die Menschen. Die Online-Kampagne einer australischen Hilfsorganisation sammelte seit dem 22. Juli schon fast 200.000 Dollar für den Jungen mit den blonden Haaren und den braunen Augen. „Ich werde das Geld für ihn zurücklegen“, sagt seine Mutter. „Ich wünsche mir für mein Baby ein Haus. Es muss nicht groß sein. Ich wünsche mir nur, dass er in einem guten Haus lebt und dass es ihm gut geht.“