Der 33-jährige Texaner war im Oktober mit seiner Familie nach Liberia gegangen, eines der ärmsten Länder der Welt

New York. Kent Brantly hatte immer zwei große Leidenschaften: die Medizin und Afrika. Beides wollte der Arzt aus dem texanischen Forth Worth miteinander verbinden. Deshalb ging der 33-Jährige zusammen mit seiner Familie im vergangenen Oktober für die christliche Hilfsorganisation Samaritan’s Purse nach Liberia, eines der ärmsten Länder der Erde. Brantly arbeitete zunächst in einem Krankenhaus in der Hauptstadt Monrovia, auf einer Geburten- und Kinderstation. Er brachte Babys zur Welt und operierte.

Als jedoch im März dieses Jahres eine Ebola-Epidemie im westafrikanischen Nachbarland Guinea ausbrach und sich schnell auch auf Liberia ausbreitete, bot Brantly sofort seine Hilfe an. Der Allgemeinmediziner übernahm die Isolierungsstation der lokalen Klinik, wo die Patienten mit der bis heute unheilbaren und meist tödlich verlaufenden Viruserkrankung behandelt werden. Am vergangenen Mittwoch steckte sich der „Samariter“ selbst mit Ebola an. „Er ist noch nicht in einem kritischen Zustand“, sagte sein Freund und Förderer, Dr. David McRay. „Aber er ist sehr schwer krank, und seine Prognose ist schlecht.“ McRay hatte in der vergangenen Woche viermal für längere Zeit mit Brantly telefoniert.

„Er steht erst am Anfang der Krankheit“, sagt der Arzt. „Normalerweise zeigt sich Ebola erst in der zweiten Woche. In dieser Zeit erholen sich die Patienten wieder oder auch nicht. Meistens tun sie das nicht“, sagt McRay. „Wir werden erst nächste Woche mehr wissen.“ Samaritan’s Purse erklärte, Brantly befinde sich weiterhin in einem „sehr kritischen Stadium“. Er hätte allerdings „in den vergangenen 24 Stunden Anzeichen einer leichten Besserung“ gezeigt. Im Kampf um sein Leben bekomme er Infusionen, Schmerzmittel und andere unterstützende Medikamente. Die Organisation kündigte an, wegen der steigenden Zahl von Ebola-Fällen „ihre 60 Mitarbeiter aus Liberia zu holen“. Noch sei aber nicht entschieden, wohin das Personal gebracht werde.

Völlig unklar scheint noch zu sein, wie sich der US-Mediziner infizieren konnte. Er sei immer „sehr vorsichtig“ gewesen, versicherte McRay. Er habe seine „Patienten nur in einem von Kopf bis Fuß geschlossenem Sicherheitsanzug betreut“. Der Gesundheitsminister von Liberia hat eine Untersuchung eingeleitet. „Wir wollen herausbekommen, was in diesem Fall schiefgegangen ist“, sagte ein Sprecher. Nach Angaben von Brantly hat sich eine weitere Kollegin von Samaritan’s Purse, die Amerikanerin Nancy Writebol, angesteckt.

„Ich bete oft zu Gott, dass sie die Krankheit überlebt“, hat Brantly in einer E-Mail geschrieben. Er selbst zeigte sich „entsetzt über das Fortschreiten der Krankheit“. Samaritan’s Purse bestätigte am Mittwoch den zweiten Fall. Writebol befinde sich „im gleichen Zustand wie Brantly“.

Die Todesrate bei Ebola liegt laut Weltgesundheitsorganisation WHO bei mehr als 90 Prozent. Mehr als 1200 Personen sollen sich nach dem jüngsten Ausbruch der Epidemie infiziert haben, fast 700 sind gestorben. Erste Symptome sind Fieber und Halsschmerzen, später leiden die Patienten an Übelkeit, Durchfall und inneren Blutungen. Übertragen wird Ebola, das 1976 im Kongo entdeckt wurde, durch Kontakt über Blut oder andere Körperflüssigkeiten wie Urin oder Speichel. Aber auch über infizierte Tiere kann sich der Mensch anstecken. Die Epidemie in Westafrika geht Wissenschaftlern zufolge wahrscheinlich auf Flughunde zurück. Entweder seien manche der Tiere in der Region seit Langem Träger des Virus oder ein infizierter Flughund sei aus Zentralafrika hergezogen.