Auf dem New Yorker Times Square treiben sich immer mehr als Spiderman und Co. verkleidete Menschen herum, die sich gegen Geld fotografieren lassen. Nach Beschwerden soll dem nun Einhalt geboten werden.

New York. Es ist ein sonniger Nachmittag, und auf dem Times Square in New York sind mindestens zwei Dutzend kostümierte Menschen zu sehen. Sie haben sich als Elmo aus der „Sesamstraße“ verkleidet, als Spiderman oder als Freiheitsstatue. Gegen einen kleinen Obolus lassen sie sich fotografieren, gerne auch mit Touristen.

In letzter Zeit aber häuften sich die Beschwerden, Besucher und Passanten fühlten sich belästigt. In einem Fall soll ein Spider-Man gar einen Polizisten geschlagen haben. Die Stadtverwaltung denkt nun darüber nach, gegen das Treiben auf dem Platz vorzugehen. Das aber ist gar nicht so einfach.

„Das geht nun wirklich zu weit“, erklärte der New Yorker Bürgermeister Bill de Blasio nach dem Zusammenstoß zwischen Spiderman und dem Polizisten. „Es ist Zeit, etwas zu unternehmen und Regeln aufzuerlegen.“ Der Polizeibeamte ging den Angaben zufolge dazwischen, als sich der Spiderman und eine Frau wegen Geld stritten. Die Frau, so hieß es, habe fotografiert und der Figur danach einen Dollar geben wollen. Der Spiderman habe fünf, zehn oder 20 Dollar verlangt.

Elmo als Antisemit, Krümelmonster als Kinderschreck

Der Zwischenfall war nicht der einzige, der für Aufsehen sorgte. Im vergangenen Jahr soll ein Krümelmonster einen Zweijährigen geschubst haben, ein Elmo soll Touristen mit antisemitischen Äußerungen beleidigt haben. Außerdem wurde berichtet, zwei Freiheitsstatuen hätten sich eine Prügelei geliefert, und ein Spider-Man habe Frauen belästigt. Bereits mehrfach hat sich der Verein Times Square Alliance, der sich für den Platz engagiert, über die steigende Zahl der Kostümierten beklagt, die sich dort aufhalten – sie zählten jüngst 76 Monster und Co.

Die Broadway League, eine Art Förderverein der dort ansässigen Theater, macht das aggressive Verhalten der Figuren für den Rückgang des Theatergeschäfts verantwortlich. „Sie sind kommerziell unterwegs, verkaufen eine Dienstleistung und verlangen dafür Geld“, sagt Charlotte St. Martin, die Vorsitzende der League.

Das Problem beschränkt sich nicht auf New York. Vor dem legendären TCL Chinese Theatre in Hollywood sind ebenfalls ständig als Comicfiguren kostümierte Personen zu finden, die von Passanten bis zu 20 Dollar Trinkgeld verlangen.

Das Vorgehen einzuschränken oder gar zu verbieten erweist sich aber alles andere als einfach. Nach Ansicht von Juristen könnten Pläne der New Yorker Stadtverwaltung, die Figuren einer Lizenzpflicht zu unterstellen, gegen das Gesetz der freien Meinungsäußerung verstoßen. Es ist nämlich unklar, wie die Figuren definiert werden – als eine Art Straßenkünstler, die sich verkleiden und herumlaufen, oder als Kleinunternehmer, die eine Dienstleistung anbieten und dafür Geld verlangen.

Nur Trinkgeld oder fester Betrag?

Die Frage ist: Erwarten die kostümierten Figuren nur ein Trinkgeld oder verlangen sie einen Betrag für ein Foto oder Ähnliches? „Wenn man ihnen nachweisen kann, dass sie Geld verdienen und nicht einfach nur eine Botschaft vermitteln wollen, dann kann man ihnen auch Regeln auferlegen“, sagt Jesse Choper, Rechtsexperte der Universität von Kalifornien.

Bewege sich einfach nur jemand verkleidet auf dem Times Square, sei es schwierig, diese Person Regeln zu unterwerfen, hebt zugleich Jonathan Turley hervor, Juraprofessor der George-Washington-Universität. Dies müsse bei der Ausarbeitung einer Verordnung berücksichtigt werden. Stadtrat Dan Garodnick, der sich für eine solche Vorschrift einsetzt, berichtet, ein entsprechender Entwurf sei in Arbeit. Es gehe darum, das Recht auf freie Meinungsäußerung zu wahren und gleichzeitig Menschen vor etwas zu schützen, was sie als Belästigung empfänden.

Bei den Personen, die als Comicfigur verkleidet auf dem Times Square herumstehen, handelt es sich oft um illegale Einwanderer. Geschützt durch ihre Maske, erzählen viele, sie seien auf die Einkünfte angewiesen, um ihre Familien zu ernähren. Der 40-jährige Pablo Fuentes, Vater von vier Kindern, sagt, er verdiene verkleidet als Minion aus dem Animationsfilm „Ich – Einfach Unverbesserlich“ im Durchschnitt 55 Dollar (gut 40 Euro) innerhalb von sechs Stunden. Er würde es sogar begrüßen, wenn Lizenzen vergeben würden. Das wäre gut für den Kunden und für ihn auch. „Das ist ein Job, und wir machen nichts Verwerfliches“, meint er. „Jeder braucht einen Job.“