Wie kam es dazu, dass Gustl Mollath in der Psychiatrie landete? Eine Ärztin diagnostizierte bei ihm eine psychische Störung, ohne ihn je gesehen zu haben. Ein weiterer Zeuge belastet Mollaths Ex-Frau.

Regensburg. Im Wiederaufnahmeverfahren gegen Gustl Mollath hat eine Ärztin ihre psychiatrische Diagnose verteidigt, die sie vor mehr als zehn Jahren traf, ohne mit Mollath selbst gesprochen zu haben. Die Medizinerin aus dem Bezirkskrankenhaus Erlangen schilderte am Donnerstag vor dem Landgericht Regensburg ein Treffen mit der damaligen Ehefrau Mollaths im Jahr 2001 oder 2002. „Beim Kaffee erzählte sie mir, dass sie mit ihrem Ehemann nicht mehr zurechtkomme und eine Wesensveränderung bei ihm wahrgenommen habe“, erläuterte die 54-Jährige. Dieses Verhalten habe sie oft bei ihren Patienten in der Klinik erlebt. „Ich hatte den Eindruck, dass eine psychiatrische Störung vorliegen könnte.“

Weiter habe die Ehefrau geschildert, dass Gustl Mollath nach einem wirtschaftlichen Misserfolg in einer eigenen Welt lebe und die Zimmer durchgehend abgedunkelt sein mussten, erklärte die Zeugin. Auch von körperlichen Übergriffen habe die Ehefrau Mollaths berichtet.

Im September 2003 hatte die Ärztin dann nach einer zweiten Konsultation eine ärztliche Stellungnahme über den Zustand des Mannes angefertigt. Darin heißt es, dass bei Mollath „mit großer Wahrscheinlichkeit eine schwerwiegende psychiatrische Erkrankung vorliegt und eine Fremdgefährdung zu erwarten ist“. Die Medizinerin schlägt darin auch eine psychiatrisch nervenärztliche Untersuchung vor. „Frau Mollath wollte dieses Schreiben als Verstärkung für ihre Rechtsanwältin haben.“ Später wurde diese Stellungnahme im Strafverfahren gegen Mollath eingebracht und führte zu dessen Zwangsbegutachtung im Bezirkskrankenhaus Bayreuth.

Mit Gustl Mollath selbst habe sie nicht gesprochen, sagte die Ärztin.

Diese Stellungnahme über eine dritte Person sei nur üblich, wenn Gefahr im Verzug ist, betonte sie. „Wenn ich nichts gemacht hätte und sie wäre ums Leben gekommen, wie wäre man dann an mich herangetreten?“

Zuvor hatte am Donnerstag ein ehemaliger Freund des Ehepaares über ein mutmaßliches Komplott der Ex-Frau des Angeklagten berichtet. Der Zahnarzt aus Bad Pyrmont (Niedersachsen) schilderte vor dem Landgericht Regensburg ein Telefonat mit der Ex-Frau. Darin habe sie im Mai 2002 gesagt: „Wenn Gustl mich oder meine Bank anzeigt, mache ich ihn fertig. Der ist doch irre. Ich lasse ihn auf seinen Geisteszustand überprüfen. Dann hänge ich ihm etwas an.“ Von Schlägen ihres Ehemannes, Bissen oder blauen Flecken habe sie nichts berichtet, sagte der 66 Jahre alte Zeuge.

Der aus der Zwangspsychiatrie entlassene Mollath muss sich unter anderem wegen Körperverletzung und Freiheitsberaubung verantworten. Das Landgericht Nürnberg-Fürth hatte 2006 entschieden, dass er seine Ehefrau misshandelt hatte. Weil die Gutachter dem Nürnberger Wahnvorstellungen attestierten, sprach das Gericht Mollath wegen Schuldunfähigkeit frei und wies ihn in die Psychiatrie ein.

Der Zeuge erzählte von seinem ersten Treffen mit dem Ehepaar Mollath 1985 bei einem privaten Autorennen in Italien: „Es herrschte eine große Harmonie zwischen den beiden.“ Später seien die Mollaths sogar gemeinsam Rennen gefahren. Der Zahnarzt wusste nach eigenen Angaben auch von der beruflichen Tätigkeit der Ehefrau: „Gustl erzählte mir, dass er mit den Geldgeschäften nicht einverstanden war. Darüber entstand dann eine gewisse Disharmonie.“ Er sprach von Seilschaften, bestehend aus der Ehefrau Mollaths, Psychiatern, Richtern und Polizeibehörden, die zur Unterbringung in der Psychiatrie geführt hätten.

Staatsanwaltschaft und Nebenklage versuchten anschließend vergeblich, die Glaubwürdigkeit des Zeugen zu untergraben. Der 66-Jährige blieb jedoch bei seiner Aussage. Zudem wurde der Zeuge auf Antrag der Verteidigung vereidigt. „Mit einem solchen Antrag soll die Bedeutung der Aussage untermauert werden“, sagte Mollaths Verteidiger, Gerhard Strate. Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt.