Der Verbleib der mehr als 200 Geiseln der Islamistengruppe Boko Haram ist weiter unklar. Niemand weiß, wo sich die Mädchen aufhalten. Boko Haram könnte sie in die Nachbarstaaten Tschad oder Kamerun gebracht haben.

Washington. Die US-Regierung will mit Aufklärungsflügen die Suche nach den mehr als 200 in Nigeria verschleppten Schülerinnen voranbringen. Die bemannten Flüge fänden mit der Erlaubnis der Regierung in Abuja statt, sagte ein Vertreter der US-Regierung am Montag. Nigerias Staatschef Goodluck Jonathan will den Ausnahmezustand in drei nordöstlichen Bundesstaaten um weitere sechs Monate verlängern.

Die USA helfen nach den Worten des US-Beamten auch bei der Auswertung „kommerzieller Satellitenaufnahmen“. Weitere Details, etwa um welche Flugzeuge es sich handelt und wo sie stationiert sind, nannte er nicht. Die Schülerinnen wurden vor vier Wochen von der Islamistengruppe Boko Haram entführt.

In einem am Montag veröffentlichten Video wurden etwa 130 von ihnen beim gemeinsamen Gebet gezeigt. Der Anführer der Islamisten, Abubakar Shekau, sagte, einige von ihnen seien zum Islam konvertiert. Er will seine Geiseln im Austausch gegen inhaftierte Sektenmitglieder freilassen, dies lehnt die nigerianische Regierung aber ab.

Die USA halten das Video für echt. US-Außenamtssprecherin Jen Psaki sagte, die Aufnahmen würden nun detailliert ausgewertet, um Hinweise auf den Aufenthaltsort der Schülerinnen zu erhalten. Nach Angaben der Kampagne „Bring Back Our Girls“ (Bringt unsere Mädchen zurück) identifizierten drei Elternteile ihre Töchter in der Aufnahme.

276 überwiegend christliche Schülerinnen verschleppt

Boko-Haram-Kämpfer hatten Mitte April eine Schule in der Stadt Chibok im nordöstlichen Staat Borno überfallen und 276 überwiegend christliche Schülerinnen verschleppt. Einige konnten fliehen, doch werden noch immer 223 Schülerinnen vermisst. Vor einer Woche entführte die Gruppe, die für einen islamistischen Staat im Norden Nigerias kämpft, elf weitere Mädchen.

Angesichts der weltweiten Empörung über die Tat sowie über die schleppende Reaktion der Regierung in Abuja sah sich Präsident Jonathan genötigt, Hilfe aus dem Ausland anzunehmen. Die USA, Großbritannien und Frankreich schickten inzwischen Polizei- und Militärexperten nach Nigeria, auch China und Israel boten Unterstützung an.

Jonathan forderte das nigerianische Parlament in einem Schreiben auf, den Ausnahmezustand in den drei nordöstlichen Bundesstaaten Adamawa, Borno und Yobe um weitere sechs Monate verlängern. Dort gilt der Ausnahmezustand bereits seit Mitte Mai 2013. Die Armee startete daraufhin eine Offensive gegen Boko Haram.

Zudem wurden Maßnahmen wie die Abschaltung von Mobilfunknetzen ergriffen, um die Planung und Ausführung von Anschlägen zu erschweren. Nach anfänglichen Erfolgen der Offensive gelang es Boko Haram jedoch, weiter außerhalb der städtischen Zentren zu agieren. Allein in diesem Jahr wurden fast 2000 Menschen bei Angriffen der Gruppe getötet.

Frankreichs Präsident François Hollande will am Sonnabend in Paris mit Nigeria und den Nachbarstaaten einen Gipfel zur Bekämpfung von Boko Haram abhalten. Nach seinen Vorstellungen sollten auch die USA und Großbritannien teilnehmen.

Niemand weiß, wo sich die Mädchen aufhalten. Die nigerianische Armee konzentriert ihre Suche auf den Sambisa-Wald in Borno. Doch gibt es auch Befürchtungen, Boko Haram könnte die jungen Geiseln in die Nachbarstaaten Tschad oder Kamerun gebracht haben.