Ab Donnerstag wird Bernie Ecclestone in München der Prozess gemacht. Auch seine Formel 1, sein Lebenswerk, leidet darunter - und wer die Königsklasse in Zukunft führen könnte, ist völlig unklar.

München/Köln. Selbstbewusstsein ist seit jeher das Markenzeichen von Bernie Ecclestone, er trägt es wie einen Schutzschild. Und sogar in diesen Tagen dringt kaum ein Zeichen des Zweifels hindurch. Ab Donnerstag wird dem Geburtshelfer und Chef der modernen Formel 1 wegen Bestechung und Anstiftung zur Untreue der Prozess gemacht. Vor dem Landgericht in München geht es für Ecclestone um seine Zukunft, um seine Macht, um sein Lebenswerk - zumindest öffentlich zeigt sich der 83-Jährige aber stets unbesorgt.

„Das Ganze ist doch nur ein sehr, sehr kleiner Teil meines Lebens, es sollte eigentlich keine Rolle spielen. Aber im Moment kostet es mich viel Zeit“, sagte Ecclestone kürzlich in einem ARD-Interview. Den Prozess wolle er nun nutzen, um den Menschen die Fakten mitzuteilen, „ich bin mir sicher, dass das in München passieren wird.“ Im Falle einer Verurteilung drohen dem Manager bis zu zehn Jahre Haft, und um die Fakten wird heftig gestritten.

Der Milliardär soll dem früheren BayernLB-Vorstand Gerhard Gribkowsky 44 Millionen Dollar Bestechungsgeld gezahlt haben, um seine Macht zu sichern. Es ging demnach um den Verkauf von Formel-1-Anteilen der Bank an den britischen Investor CVC - denn dieser hatte zuvor klar gemacht, Ecclestone als Geschäftsführer der Formula One Group behalten zu wollen.

Der wegen der Annahme des Geldes mittlerweile zu achteinhalb Jahren Haft verurteilte Gribkowsky hatte Ecclestone belastet, dieser bestreitet die Vorwürfe jedoch und behauptet, von Gribkowsky erpresst worden zu sein. Der Deutsche habe gedroht, Ecclestones undurchsichtiges Geschäftsmodell den britischen Steuerbehörden zu melden.

Ein- bis zweimal in der Woche wird Ecclestone nun auf der Anklagebank in München Platz nehmen müssen, 26 Verhandlungstage sind bis September angesetzt. Die Entscheidung wird Ecclestone nicht beeinflussen können, und das ist eine neue Erfahrung für den kleinen Mann aus Ipswich. Denn in der Welt der Formel 1 steht sein Wort an erster Stelle.

In den 1970er-Jahren erkannte Ecclestone den Mangel an durchdachter Vermarktung in der Königsklasse, und er ergriff seine Chance. „Ich habe weltweit einen guten Ruf, weil ich in der Lage war, Dinge zu tun, die andere nicht konnten“, sagt er heute, „ich konnte aus diesem Sport für Gentlemen ein richtig großes Geschäft machen.“ Es wurde ein Milliardengeschäft, eines, in dem der Brite immer mehr an Einfluss gewann.

Seine Macht sicherte er dabei auch durch den Aufbau eines schwer durchschaubaren Geflechts von Firmen, die die Formel 1 steuern. „Alle operativen Strukturen sind auf seine Bedürfnisse zugeschnitten und wurden von ihm alleine kontrolliert“, heißt es dazu in der Anklageschrift.

Die Formel 1 profitierte dabei in gewaltigem Maße vom Geschäftssinn Ecclestones, doch spätestens seit der Anklageerhebung im Januar ist der Engländer auch ein Problem. Denn weltweit agierende Unternehmen wie Mercedes oder Ferrari dürften aufgrund selbst auferlegter Compliance-Regeln eigentlich nicht mehr mit ihm zusammenarbeiten.

Die Branche hält jedoch still, sie will den Prozess abwarten. Aus dem Vorstand der CVC zog Ecclestone sich zwar im Januar offiziell zurück, die Geschäfte führt er unter „erhöhter Kontrolle“ dennoch weiterhin. Dies sei „im besten Interesse des Sports“, teilte die Besitzgesellschaft mit.

Das Image der Formel 1 und aller Teams dürfte nun im Zuge des monatelangen Prozesses weiter leiden - doch im Falle einer Verurteilung hätte die Königsklasse noch größere Schwierigkeiten. Denn wer die Geschäfte nach einer über 30-jährigen Ära übernimmt, ist völlig unklar, auf eine kurzfristige Abnabelung ist die Formel 1 nicht vorbereitet. Einen Stellvertreter hatte der Chef nie zugelassen.