Die Richterin schloss Funk und Fernsehen während der Zeugenaussage zur Autopsie des erschossenen Models Reeva Steenkamp aus. Pistorius reagierte heftig auf die Schilderungen des Pathologen.

Pretoria. Grausame Details im Prozess gegen Oscar Pistorius: Bei der Aussage des Pathologen über die Leiche von Reeva Steenkamp bricht der wegen Mordes angeklagte Paralympics-Star zusammen und übergibt sich mehrfach. Pistorius' damalige Freundin wurde nach Aussagen des Mediziners Gert Saayman in der Nacht zum 14. Februar 2013 von einem Schuss in den Kopf getötet, zwei andere Schüsse trafen demnach ihren Arm und ihre Hüfte.

Weinend und das Gesicht in den Händen vergraben, verfolgte der beinamputierte Sportler am sechsten Verhandlungstag den Bericht des Pathologen, der die Leiche der damals 29-Jährigen obduziert hatte. Der schluchzende Angeklagte wurde von seinem Bruder Carl und seiner Schwester Aimee getröstet, die ihm über die Gerichtsbank hinweg Taschentücher reichten.

Saayman erklärte zudem, dass Steenkamp etwa zwei Stunden vor ihrem Tod, kurz nach 3 Uhr morgens, zuletzt etwas gegessen habe. Das erschien zunächst als ein Widerspruch zu der Aussage des Angeklagten, die beiden seien gemeinsam gegen 22 Uhr ins Bett gegangen.

Live-Übertragung verboten

Richterin Thokozile Masipa hatte zuvor die Live-Übertragung der Aussagen des Pathologen verboten. „Die Würde des Opfers“ erfordere das Ausschalten von Kameras und Mikrofonen, sagte der Pathologe. „Hier geht es nicht um die Pressefreiheit, sondern um die Rechte und die Würde der Toten.“ Auch die Verteidigung des Angeklagten hat sich strikt gegen eine Übertragung der Aussagen gewandt, die Details über die tödlichen Verletzungen und den körperlichen Zustand des Opfers Reeva Steenkamp enthüllen sollen.

Zuvor war der Prozess am Montag mit der Aussage eines für die Frage, ob Pistorius absichtlich oder aus Versehen auf die 29-jährige Steenkamp schoss, besonders wichtigen Zeugen in die zweite Woche gegangen. Wachmann Pieter Baba sagte dem Gericht, er habe Pistorius in den frühen Morgenstunden des 14. Februar 2013 angerufen, nachdem Nachbarn über Schüsse aus dessen Haus berichtet hatten.

Rief Pistorius nach den Schüssen selbst Hilfe?

Die Verteidigung des Athleten zweifelte seine Darstellung umgehend an. Sie will beweisen, dass Pistorius seine Freundin aus Versehen erschoss. Dafür wäre es äußerst günstig, könnte sie darlegen, dass der Paralympics-Star nach den Schüssen selbst Hilfe herbeigerufen habe.

Hingegen sagte Wachmann Baba, er sei nach den Berichten über Schüsse in Pistorius' Haus mit einem anderen Wachmann nach drei Uhr morgens dorthin gefahren und habe den Sportler außerhalb des Anwesens angerufen. Dieser habe ihm gesagt, es sei „alles ok“. Einen kurzen Moment später habe ihn Pistorius angerufen, jedoch nicht gesprochen, sondern geschrien. Dann sei der Anruf zu Ende gewesen. Diese Aussage könnte die Annahme der Staatsanwaltschaft stützen, wonach Pistorius absichtlich das Model erschoss und danach, zumindest anfänglich, die Tat vertuschen wollte.

Die Staatsanwaltschaft beschuldigt Pistorius des Mordes. Der 27-Jährige sagt, er habe seine Freundin am 14. Februar 2013 irrtümlich durch eine geschlossene Tür erschossen, weil er einen Eindringling im Haus wähnte und in Panik gewesen sei.

Das Verfahren wird von mehreren Fernseh- und Radiosendern direkt übertragen. Etwa 300 Journalisten aus aller Welt verfolgen den spektakulären Prozess.