Die Polizei entdeckte bei ihren Ermittlungen Kokain im Spind des Drogenfahnders im Polizeipräsidium. Das Rauschgift soll einen Wert von bis zu 250.000 Euro haben.

Augsburg. Der Leiter der Drogenfahndung in Kempten ist nach Informationen der „Augsburger Allgemeinen“ wegen Besitzes von 1,5 Kilogramm Kokain verhaftet worden. Der 52-Jährige sitze seit einer Woche in Untersuchungshaft, berichtete die Zeitung. Die Staatsanwaltschaft in München bestätigte auf Anfrage, dass ein Polizist wegen Besitzes von Rauschgift in U-Haft sei. Die Ehefrau des Beamten habe die Polizei nach einem Familienstreit alarmiert.

„Es muss ohne ein Tabu ermittelt werden“, sagte der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) in Bayern, Hermann Benker, am Montag. Dabei gehe es auch um die grundsätzliche Frage, „ob man in unserem System etwas verbessern muss“.

Die Polizei entdeckte bei ihren Ermittlungen Kokain im Spind des Drogenfahnders im Polizeipräsidium. Das Rauschgift soll einen Wert von bis zu 250.000 Euro haben. Nun soll geklärt werden, wie der Polizist an das Rauschgift kam und ob er mit den Drogen gehandelt hat. Eigengebrauch gilt bei einer derartigen Menge als unwahrscheinlich. Zu den Aufgaben des Beamten soll die Vernichtung konfiszierter Drogen gehört haben.

Der Fund im Präsidium steht der Zeitung zufolge in krassem Missverhältnis zu einschlägigen Fahndungserfolgen der Polizei in der Region. Im vergangenen September hätten mehr als 100 Beamte bei einer großangelegten Razzia 33 Wohnungen durchsucht – und dabei nur 15 Gramm Kokain und 15 Gramm Marihuana gefunden.

Der Polizeipräsident Hans-Jürgen Memel sagte dem Blatt, er halte den Fall für „den gravierendsten seit meinem Dienstbeginn in Kempten vor fast 20 Jahren“. Die Kollegen im Präsidium Schwaben Süd/West sind dem Bericht zufolge überzeugt, dass es sich um einen Einzeltäter handelt.

Auch Benker, sagte: „Ich sehe das als Einzelfall.“ Zahlen oder Schätzungen, wie oft es zu solchen Delikten kommt, gebe es nicht. Um solche Fälle zu vermeiden, setze die bayerische Polizei schon seit Jahren Korruptionsbeauftragte ein. „Beamte sind immer wieder gefährdet; das ist bekannt“, sagte Benker. Wichtig sei die konsequente Strafverfolgung.

Polizisten als Straftäter

Polizisten sind die Hüter des Gesetzes. Es kommt aber vor, dass uniformierte Beamte selbst schwere Straftaten begehen.

Oktober 2013: Ein 37 Jahre alter Polizist landet wegen eines Banküberfalls in Erkelenz in Nordrhein-Westfalen für drei Jahre hinter Gittern. Der spielsüchtige Beamte nannte Schulden von mehr als einer halben Million Euro als Motiv.

März 2013: Ein Polizist aus Bayern muss wegen Brandstiftung für drei Jahre ins Gefängnis. Der 42-Jährige hatte sein Nachbarhaus im Kurort Bad Griesbach angezündet. Niemand wurde verletzt. Der Mann ist seit mehr als 20 Jahren Polizist und zudem seit 25 Jahren bei der freiwilligen Feuerwehr.

Oktober 2012: Wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilt das Rostocker Landgericht einen 46 Jahre alten Polizisten zu drei Jahren und sieben Monaten Haft. Der Mann hatte einen 13-Jährigen missbraucht und einen 15 Jahre alten Jungen sexuell belästigt. Die Kinder waren Klassenkameraden seines Sohnes.

Mai 1984 bis Oktober 1985: Ein Polizeiobermeister erschießt im Raum Heilbronn drei Autofahrer auf Parkplätzen und fährt mit deren Wagen zu Banküberfällen. Dabei zertrümmert er mit einem Hammer die Scheiben der Bankschalter. Als ihm seine Kollegen auf die Spur kommen, tötet der 34-Jährige seine Frau, seine beiden Kinder und sich selbst.