Die Staatsanwaltschaft verlangt im Augsburger Polizistenmordprozess die Höchststrafe – lebenslange Haft und Sicherungsverwahrung. Die Verteidiger sehen hingegen keinen Beweis, dass ihr Mandant am Tatort war.

Augsburg. Im Prozess um den Mord am Augsburger Polizisten Mathias Vieth haben die Verteidiger einen Freispruch verlangt. Es gebe größte Zweifel, dass der 58-jährige Angeklagte am Tatort im Augsburger Stadtwald war, als der 41 Jahre alte Beamte Ende Oktober 2011 erschossen wurde, sagte Rechtsanwalt Kai Wagler am Mittwoch vor dem Landgericht Augsburg. Auch für die ebenfalls angeklagten Raubüberfälle forderte der zweite Verteidiger des Beschuldigten, Markus Meißner, einen Freispruch.

Die Staatsanwälte und die Anwälte der Nebenkläger hatten für den 58-Jährigen hingegen eine lebenslange Haft wegen Mordes sowie anschließende Sicherungsverwahrung beantragt. Zudem verlangten sie die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld. Dies würde im Falle einer Verurteilung bedeuten, dass der Angeklagte auch ohne Verwahrung voraussichtlich mehr als 20 Jahre in Haft sitzen müsste.

Der 58-Jährige hatte vor 39 Jahren bereits einmal bei Augsburg einen Polizisten erschossen. Rechtsanwalt Walter Rubach, der die Witwe und die Schwester Vieths vertritt, betonte in seinem Plädoyer, dass er nach der ersten Mordverurteilung nie Mitte der 1990er Jahre aus der Haft hätte entlassen werden dürfen. Das Gutachten, das dem Mörder damals eine positive Zukunftsprognose gab und zur Freilassung nach fast 20 Jahren führte, sei „pseudowissenschaftlicher Mist“ gewesen. Der Angeklagte habe dann seine kriminelle Laufbahn fortgesetzt und von schwersten Verbrechen gelebt, sagte Rubach. Dies sei nach der Haftentlassung aber nie kontrolliert worden. Rubach nannte den 58-Jährigen einen „skrupellosen Mörder“.

Er soll gemeinsam mit seinem Bruder nach einer nächtlichen Verfolgungsjagd den Polizisten erschossen haben. Vieths Streifenkollegin wurde bei der heftigen Schießerei damals leicht verletzt, als eine Kugel an ihrem Reservemagazin abprallte. Die Polizisten sollen die Brüder zuvor bei der Vorbereitung eines Überfalls überrascht haben.

Verteidiger Wagler argumentierte, dass nach den vorliegenden Spuren wohl der Bruder mit einem unbekannten Mann am Tatort gewesen sei, nicht aber der 58-Jährige: „Nirgends fand sich DNA des Angeklagten am Tatort.“ Der Angeklagte betonte ebenfalls in seinem letzten Wort, dass er mit den Straftaten „nichts zu tun“ habe. Beim Prozessauftakt vor einem Jahr hatte er die Anklageschrift als „Grimms Märchen“ verhöhnt.

Die Strafkammer will am Donnerstag kommender Woche (27. Februar) das Urteil gegen den 58-Jährigen verkünden. Das Verfahren gegen seinen 60 Jahre alten Bruder wurde wegen dessen Parkinsonerkrankung ausgesetzt und soll später in diesem Jahr erneut von vorne beginnen. Ein Termin dafür gibt es dafür aber noch nicht. Derzeit wird geprüft, ob der 60-Jährige ins Bezirksklinikum Haar verlegt und dort auf seine Verhandlungsfähigkeit untersucht wird.