Der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks hat eine Bewerbung verfasst, um die deutsche Brotkultur zum Weltkulturerbe erklären zu lassen. Ziel ist, die Esskultur wieder bewusster zu machen.

Berlin. Die deutschen Bäcker dringen darauf, die hiesige Brotkultur zum Welterbe erklären zu lassen. Brot sei zwar ein „ziemlich primitives Produkt“. Es habe aber über Jahrtausende die Kultur in Deutschland geprägt, sagte der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Bäckerhandwerks, Peter Becker, am Dienstag in Berlin.

Zudem sei die Vielfalt der Brotsorten in Deutschland einzigartig. Kein anderes Land habe dies zu bieten.

Der Verband hat bei der Berliner Senatsverwaltung für kulturelle Angelegenheiten eine Bewerbung zur Aufnahme in die Liste der immateriellen Kulturgüter eingereicht. Im April will das Land über die Bewerbungen entscheiden. Dann geht das Verfahren auf nationaler Ebene weiter, bis die UN-Organisation Unesco schließlich im Jahr 2016 über die Aufnahme in ihre Listen entscheidet. Ziel sei, das Brot und die damit zusammenhängende Esskultur wieder stärker im Bewusstsein der Verbraucher zu verankern, sagte Becker.

Die Brotkultur hat einen starken Konkurrenten aus dem eigenen Land: Auch das Reinheitsgebot für Bier ist im Rennen.

Fragen und Antworten zum Weltkulturerbe

Für das geplante deutsche Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes sind 128 Vorschläge eingangen. Darunter sind Handwerkskünste, Bräuche und Musikformen.

Was versteht die Unesco unter immateriellem Kulturerbe?

Die Weltkulturorganisation zählt zu diesem geistigen Erbe lebendige Traditionen, Ausdrucksformen, menschliches Wissen über Natur und Universum, darstellende Künste und traditionelle Handwerkstechniken.

Welche Ziele verfolgt das Unesco-Abkommen?

Was die Unesco in einem Verzeichnis dokumentiert, soll von der jeweiligen Gruppe mit Hilfe der Staaten und der Unesco selbst erhalten werden. Ein besonderer Schutz ist damit nicht verbunden. Das Abkommen verweist darauf, dass Traditionen sich verändern und an den Menschen und dessen aktive Überlieferung gebunden sind.

Was unterscheidet das immaterielle Kulturerbe vom Weltkulturerbe?

Unter das immaterielle Kulturerbe fallen nach Unesco-Definition Traditionen, Bräuche, menschliches Wissen und Können. Im Gegensatz dazu gelten als Weltkulturerbe ausschließlich Baudenkmäler, Stadtensembles sowie Kultur- und Naturlandschaften.

Die beiden Begriffe basieren auf zwei unterschiedlichen Unesco-Abkommen. Dem Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt trat Deutschland 1976 bei. Das Übereinkommen zur Erhaltung des immateriellen Kulturerbes ist seit 2006 in Kraft. Mehr als 150 Staaten haben es unterzeichnet, Deutschland ist seit Juli 2013 dabei.

Welche Kulturgüter hat die Unesco schon geadelt?

In einer „repräsentativen Liste“ der Unesco sind mittlerweile 281 traditionelle Kulturformen aus allen Weltregionen aufgeführt. Dazu gehört etwa das Krabbenfischen auf Pferden in Belgien und das brasilianische Festival „Cirio de Nazaré“, eine der weltweit größten religiösen Prozessionen. In einer weiteren „Liste des dringend erhaltungsbedürftigen immateriellen Kulturerbes“ gibt es bislang 35 Einträge. Im Dezember kam zum Beispiel ein Maisanbauritual aus Guatemala hinzu.

Welchen Wert hätte die Anerkennung der deutschen Brotkultur oder des Reinheitsgebots für Bier in das Unesco-Verzeichnis?

Den Bäckereien, die nach traditioneller Art backen, brächte das einen Imagegewinn. Sie können auf die besondere Auszeichnung auch in der Werbung verweisen. Da gälte aber auch für industriell gefertigte Backwaren, bei denen möglicherweise Zutaten minderer Qualität zum Einsatz kommen. Beim Bier wäre es ähnlich: Die Würdigung des Reinheitsgebots durch die Unesco würde deutschen Brauern im Wettbewerb mit ausländischer Konkurrenten helfen.

Hätte eine Unesco-Auszeichnung Folgen für die Zutatenliste oder die Herstellungsweise von Brot in Deutschland?

Nein. Die UN-Organisation macht den Herstellern keine entsprechenden Vorschriften.

Wer hat sich sonst noch um die Aufnahme ins Unesco-Verzeichnis beworben?

Unter den 128 Vorschlägen, die bis zum Fristende im November bei den Kultusministerien der Bundesländer eingingen, sind Handwerkskünste, Bräuche und Musikformen. Zu den Anwärtern zählen unter anderem der Rheinische Karneval, der Chorgesang sowie der Kratzputz an historischen Fachwerkhäusern.

Wie sieht das Verfahren der Unesco aus?

Bis Ende November mussten die Bewerbungen eingereicht werden. Bis April treffen die Bundesländer eine Vorauswahl für das bundesweite Verzeichnis. Die ersten Einträge in die nationale Liste sollen in diesem Herbst präsentiert werden. Ein Komitee wählt dann die geistigen Kulturgüter aus, mit denen sich Deutschland bei der Unesco bewirbt. Im Jahr 2016 wird die Unesco entscheiden, welche Traditionen in ihre Verzeichnisse aufgenommen werden.