Der neue New Yorker Bürgermeister Bill de Blasio will die Pferdekutschen am Central Park verbieten – das sei Tierquälerei. Die Alternative für die Pferde wäre aber in vielen Fällen der Schlachthof.

New York. Unzeitgemäß und tierquälerisch sei die Haltung von Kutschpferden im lauten und umtriebigen Manhattan, sagt New Yorks Bürgermeister Bill de Blasio. Deshalb hat er kürzlich ein Verbot der bei Touristen beliebten Fuhrwerke angekündigt.

Allerdings wären die meisten der New Yorker Kutschpferde wohl längst in Schlachthöfen gelandet, wenn ihnen nicht die Chance auf einen letzten Job gegeben worden wäre – so argumentieren jedenfalls diejenigen, die für den Erhalt Touristenattraktion werben.

Rund 200 Kutschpferde tun derzeit Dienst in den Hochhausschluchten von Manhattan, meist in oder nahe der Grünen Lunge der Stadt – dem Central Park. Viele Tiere sind ausgemusterte Rennpferde, die zu alt sind für die Bahn und sonst unters Messer der Metzger gekommen wären.

Aber auch die Amish – eine christliche Religionsgemeinschaft, die den Einsatz von Motoren grundsätzlich ablehnt – mustern ihre Kutsch- und Arbeitspferde gerne nach New York aus. Viele Amish leben im nahegelegenen Pennsylvania und setzen die Pferde für den Nahverkehr, aber auch zum Ziehen von Pflügen ein.

„Wenn sie nicht nach New York kommen, wären viele von diesen Pferden tot“, sagt Kutscher Ian McKeever, der neun Central-Park-Pferde besitzt. Seit 1987 kutschiert er Touristen durch den Big Apple.

„Tierquälerischer Einsatz am Lebensabend“

Dem gegenüber steht das Argument der Tierschützer, es dürfe nicht sein, dass das offensichtliche Überangebot an Pferden in den USA zu einem tierquälerischen Einsatz am Lebensabend in der Großstadt führt. Allie Feldman von einer Stadtteilinitiative sagt: „Niemand, dem das Wohl der Pferde am Herzen liegt, käme auf die Idee, ein altes Pferd mit dem Straßenverkehr von Midtown Manhattan zu konfrontieren.“

Dass es in den USA zu viele Pferde gibt, ist wohl unstrittig. Allein im vergangenen Jahr wurden rund 140.000 Tiere geschlachtet, weil sie für ihre Besitzer unprofitabel waren oder die sie sich nicht mehr leisten konnten.

Die meisten davon hätten noch weiterleben können. Der Experte Wayne Pacelle sagt, das Hauptproblem sei unkontrollierte Pferdezucht weit über Bedarf. Die Zahl der Altersfarmen für Pferde, wo sie in würdiger Weise ihrem natürlichen Tod entgegenlebten, sei mit landesweit 500 viel zu gering.

Besonders deutlich wird das Überangebot dort, wo Pferde noch im Alltag eingesetzt werden – eben bei den Amish. Jeden Montag werden in New Holland in Pennsylvania Kutsch- und Arbeitspferde der Amish versteigert, die alle noch viele Jahre zu leben hätten. Die meisten werden von Schlachtern gekauft, nur wenige landen auf den Straßen von New York.

New York als Lebensraum für Pferde geeignet?

Der New Yorker Kutscher McKeeve zeigt auf sein ältestes Pferd mit dem Namen Roger, das er 1999 unterernährt und vernachlässigt einem Bauern in Pennsylvania abkaufte. Es war damals eher ein Fall für die Schlachtbank, konnte aber dank McKeeves Fürsorge noch 15 Jahre lang leben – eben als Kutschpferd in Manhattan. Kommenden Monat soll Roger auf einer Farm auf Long Island vor den Toren von New York endgültig in Rente gehen.

Ein anderes seiner Pferde gewann einst Trabrennen in Australien und den USA, bevor McKeeves es vor der Verwurstung bewahrte. „Wenn wir ihnen einen Job geben, sind sie gerettet“, sagt der Kutscher.

Die Tierschützer sehen das anders. Ihrer Ansicht nach ist New York keineswegs ein Lebensraum für Pferde. Sie belegen ihre Aussage mit Zahlen: 30 Prozent der 720 Tiere, die zwischen 2005 und 2013 in New York registriert waren, blieben nur zwei Jahre oder kürzer im Kutschdienst. Damit sei belegt, dass eine große Zahl von Pferden den Belastungen der Großstadt nicht gewachsen sei. Dazu zählt auch deren Arbeitsweg.

Bürgermeister will stattdessen Elektro-Wägelchen

Denn auch wenn der Hauptarbeitsplatz der Pferde der eher idyllische Central Park ist, müssen sie da erst einmal hin. Die meisten New Yorker Kutschpferde sind in einem dreistöckigen Gebäude an der New Yorker West Side untergebracht. Kutscher loben, dort gehe es den Tieren nicht schlechter als in einem gut ausgestatteten Stall auf dem Land.

Aber um an ihren Arbeitsplatz zu gelangen, müssen die Pferde mehr als drei Kilometer durch dicht befahrene Innenstadtstraßen klappern, vorbei an notorisch hupenden Taxis und heulenden Polizeisirenen. Erst dann erreichen sie den Central Park, und der hört sich auch nur für Großstädter vergleichsweise ruhig an.

Bürgermeister de Blasio sieht keine Alternative: Die Kutschen müssen weg, sagt er, so schön und pittoresk sie auch sein mögen. Sein Vorschlag für den Transport von Touristen: Auf alt getrimmte Wägelchen – mit Elektromotor.