Niedrige Zinsen ärgern die Kleinanleger und braven Sparer. Wer ein Vermögen besitzt, flüchtet in Beton-Gold. Und es gibt immer mehr Millionäre in Deutschland.

Frankfurt/Main. Niedrige Zinsen nagen an den Ersparnissen der Anleger. Selbst Vermögensmillionäre und ihre Anlageberater fragen sich derzeit, wohin mit dem Geld. Seit die Europäische Zentralbank und andere Notenbanken die Märkte mit Geld fluten, sei es schwieriger geworden, das Vermögen der Kunden nicht nur zu erhalten, sondern auch auszubauen, berichtet René Fischer von Beratungsunternehmen Roland Berger. Bisher scheinen die Niedrigzinsen allerdings keine Spuren auf den Konten der Vermögensmillionäre zu hinterlassen – im Gegenteil. Die Beratungsgesellschaft Boston Consulting zählte 2012 in Deutschland 362.000 Haushalte mit einem Privatvermögen von einer Million Dollar oder mehr. Im Jahr 2011 waren es erst 331.000. Einschließlich derjenigen, die über rund 500.000 Euro liquide Mittel verfügen, sind mehr als eine Million der Haushalte wohlhabend, wie die Experten von Roland Berger berechnet haben. Ein lukrativer Markt, den sich vor allem die großen Vermögensverwaltungen der Banken und unabhängige Verwalter teilen.

Aktien und Sachwerte, lautet die Strategie des Frankfurter Vermögensverwalters FOCAM, der sich auf die Verwaltung von Familienvermögen spezialisiert hat – ab etwa 15 Millionen Euro. „Wir konzentrieren uns verstärkt auf Sachwerte, sagt Alexander von Franckenstein, Geschäftsführer der Focam-Niederlassung in München. So investiert ein vor vier Jahren aufgelegter Focam-Fonds in Wälder in Finnland, Uruguay und Neuseeland. Etwa 35 Prozent der Kundengelder legt der Vermögensverwalter in Aktien an.

Kaum Geld lässt sich derzeit mit Staatsanleihen von Ländern mit guter Bonität wie Deutschland verdienen. Sie werfen angesichts der Flucht der Anleger in die als „sicherer Hafen“ geltende Papiere kaum noch Rendite ab. „Wir schauen uns daher Italien, Spanien und Portugal an“, sagt Franckenstein. Dort ist das Risiko höher, aber eben auch die Rendite.

Den Trend zu Sachwerten bestätigt Roland-Berger-Experte Fischer. „Es gibt eine regelrechte Flucht der Vermögenden in Sachwerte“. Früher wurden neben Aktien und Anleihen im Schnitt etwa zehn Prozent in Immobilien, Rohstoffe, Gold oder Grund und Boden investiert. Mittlerweile liege der Anteil der sogenannten illiquiden Vermögenswerte bei bis zu 30 Prozent. Sehr gefragt sind derzeit auch Unternehmensbeteiligungen. „Es gibt durch das billige Geld der Notenbanken einen regelrechten Gründungsboom im Bereich Social Media und IT“, sagt Fischer.

Ohne Risiko sind Grund und Boden, Oldtimer oder Kunstwerke allerdings nicht. „Man kommt bei Sachwerten nicht wieder so schnell raus, wer kauft beispielsweise ein Stück Wald in Kanada“, sagt Fischer. Vermögensverwalter seien gefordert, diese Risiken den Kunden klar zumachen und auch zu quantifizieren. Daran mangele es derzeit noch.

Der Zukunftsmarkt für das Geschäft mit dem Geld der Reichen und Superreichen ist nach Einschätzung von Roland Berger die Region Asien-Pazifik mit Zuwächsen von zehn Prozent jährlich beim anzulegenden Vermögen. In Europa erwarten die Experten vergleichsweise magere Zuwächse von 3 Prozent im Jahr auf 8,3 Billionen Euro 2017.