Waldemar Hartmann blamiert sich als Telefonjoker bei „Wer wird Millionär?“. In einem Kurzinterview mit einem gehörigen Schuss Selbstironie erklärt er, wie es dazu kommen konnte.

Berlin. Wie peinlich: Da ist man ausgewiesener Fußballexperte und gibt einen falschen Tipp als Telefonjoker bei Günther Jauchs „Wer wird Millionär?“. Alle Welt lacht über Waldemar Hartmann und darüber, wie steif und fest er in der Prominentenausgabe vom Donnerstagabend auf die Frage „Welche Fußballnation konnte bei den bisherigen 19 Weltmeisterschaften nie den Titel im eigenen Land gewinnen?“ behauptet hatte: „Deutschland“ – und nicht Brasilien, wie es richtig gewesen wäre.

Doch wer glaubt, der 65-jährige „Waldi“ sei jetzt am Boden zerstört und verkrieche sich, der täuscht sich. Die Show ist bereits am 4. November aufgezeichnet worden. Haudegen Hartmann ist längst über seinen Aussetzer hinweg und hat sich auf die schenkelklopfende und schadenfrohe Nation vorbereiten können. „Jetzt habe ich es also zum ‚Tor des Jahres‘ auf die Seite eins der ‚Bild‘ geschafft“, teilte der Moderator am Freitag in einem Kurzinterview mit einem gehörigen Schuss Selbstironie mit.

Wann und wo erreichte Sie der schicksalhafte Anruf?

Waldemar Hartmann: Wir waren in Sindelfingen nach einer Lesung gerade auf dem Sprung zu einem Italiener. Es war gegen 22.25 Uhr, als mir jemand das Telefon reichte. Dann nahmen die Dinge ihren Lauf.

Wie haben Sie die 30 Sekunden Antwortzeit erlebt – Sie klangen ja absolut sicher, dass Deutschland noch nie eine WM gewonnen hat?

Hartmann: Zunächst gab es das übliche Geplänkel mit Günther, dann hat Lena Gercke die Frage gestellt. Ich muss sagen: Ich kann mit der Wohlfühlgesellschaft Fußball sehr wenig anfangen, wenn wir vorm Brandenburger Tor schon dritte Plätze feiern und das zu einem großen Sommermärchen wird. Wenn dann noch eine schöne und blitzgescheite Frau wie die Lena anruft, habe ich wohl für Fußball keinen Platz mehr in meinem Kopf gehabt.

Was ist nach dem Auflegen passiert?

Hartmann: Ich wurde schnell aufgeklärt. Danach bekam ich so etwas, was es medizinisch nicht gibt: eine Mischung aus Blutsturz und Schnappatmung. Eine Stunde später hat mich Günther Jauch angerufen und gesagt: „Jetzt weißt du, wie sich die Kandidaten auf dem Stuhl fühlen.“ Er hat mir geraten, keine Weißbierwerbung zu machen, sondern für Ginseng-Produkte. Vielleicht meldet sich die Pharmaindustrie ja und vielleicht hilft’s ja auch!“

Wo waren Sie denn bei der WM 1974 – außer Landes?

Hartmann: Es gibt vier, fünf Kronzeugen der Verteidigung, die belegen können, dass ich einige Gäste bei mir in Augsburg im Wohnzimmer hatte. Danach sind wir singend mit Schmähgesängen gegen die Holländer durch die Straßen gezogen. Ich könnte heute auch noch die Mannschaftsaufstellungen herunterbeten. Es war eben halt ein Blackout, so wie manch Bundesminister ihn angeblich hatte, wenn er nicht mehr wusste, woher die Parteispenden kamen.

Politiker werden nach Aussetzern gern mal zum Rücktritt aufgefordert – denken Sie an den Rücktritt als Fußballexperte?

Hartmann: Ich bin zurückgetreten, ich habe einen Rentenausweis. Ich habe keinen Job mehr, den ich verlieren könnte. Mir geht es gut. Danke der Nachfrage.

Wie nehmen Sie den Spott heute auf, vor allem im Internet?

Hartmann: Ich nehme anonyme Menschen im Internet nicht zur Kenntnis, ich habe kein Facebook, kein Twitter. Und wenn ich jetzt einigen Menschen zum Auskotzen verholfen habe und es ihnen damit besser geht: Herzlichen Glückwunsch!

Ulrich Röhm, der Buchhändler aus Sindelfingen, bei dem Hartmann am 4.November gelesen hatte, hatte gemeinsam mit Gästen der Lesung die Frage an den Moderator mitbekommen – und verdutzt hinterher bei ihm nachgehakt. „Dann wurde er aschfahl und konnte sich nicht beruhigen. Aber er war stocknüchtern!“, erinnert sich Röhm an den Abend.

Eine Szene blieb den RTL-Zuschauern bei der Ausstrahlung verborgen. Denn nachdem Hartmanns 30 Sekunden zu Ende waren, preschte Jauch dazwischen: „Ich sage nur: Kopf und Kragen!“ Die beiden Kandidaten, die „Supertalent“-Juroren Lena Gercke, 25, und Guido Maria Kretschmer, 48, zweifelten dadurch – und setzten zusätzlich den Publikumsjoker ein. Die Zuschauer antworten mit A (Brasilien): 48 Prozent, B (Deutschland): 1 Prozent, C (Argentinien): 11 Prozent und D (Frankreich): 40 Prozent. Die Kandidaten wählten dann korrekterweise Brasilien.

Noch bevor die beiden bei Hartmann anriefen, hatte Lena Gercke, Lebensgefährtin von Fußball-Nationalspieler Sami Khedira, über Hartmann gesagt: „Der muss das wissen. Er hat zu mir gesagt: ‚Lena, ich weiß alles. Egal in welcher Sportart.‘“ Günther Jauch machte sich daraus einen kleinen Spaß: „Das hat ‚Waldi‘ immer gesagt. Deswegen freue ich mich über die Fallhöhe, die er bei diesem Telefonanruf hat.“

Dem Abendblatt sagte Waldemar Hartmann am Freitag am Telefon: „Mich hat danach ein Tsunami an Anfragen erreicht. Das hätte ich mir nicht vorstellen können.“ Jauch zeigte Verständnis. „Blackout ist Blackout“, sagte er am Abend der Ausstrahlung bei einer Preisverleihung in München. Waldemar Hartmann habe ihn nach seinem Telefoneinsatz angerufen. „Er hat es sofort gewusst“, sagte Jauch und fügte lachend hinzu: „Waldi bleibt weiter ein guter Kumpel.“