Die Bergung der „Costa Concordia“ vor der italienischen Insel Giglio ist das gewaltigste Schiffsrettungsprojekt aller Zeiten. Hunderte Helfer im Einsatz, Kosten in Höhe von bislang 600 Millionen Euro.

Nach dem erfolgreichen Aufrichten der havarierten „Costa Concordia“ sind die Bergungsexperten zufrieden und blicken schon auf die nächsten Aufgaben. „Ich bin erleichtert und stolz, so wie mein Team“, freut sich Ingenieur Nick Sloane, der die riskante Aktion gesteuert hatte. Er mahnte aber auch: „Das Schiff ist stark beschädigt, wir müssen jetzt eine Bestandsaufnahme machen.“ Am Dienstag sollte das fast 300 Meter lange Kreuzfahrtschiff von Experten untersucht, gesichert und stabilisiert werden. Die Bergung der „Costa Concordia“ ist das gewaltigste Schiffsrettungsprojekt aller Zeiten.

Vor gut 20 Monaten war die „Concordia“ vor der Mittelmeer-Insel Giglio auf einen Felsen gefahren, aufgeschlitzt worden und gekentert. Seitdem lag das Wrack mit Schlagseite vor der Küste. Bei dem Unglück waren 32 Menschen gestorben, unter ihnen zwölf Deutsche.

„Die Seite der Concordia hat viele Schäden, aber es ist keine unüberwindbare Situation“, sagte Franco Porcellacchia, Projektleiter der Reederei „Costa Crociere“. Bis zum Frühjahr oder Sommer 2014 soll der Kreuzfahrtkoloss schwimmfähig gemacht und weggeschleppt werden. „Es ist schwierig, eine präzise Vorhersage zu machen, aber ich denke, das ist realistisch“, erklärte Porcellacchia. „Sie war stark genug, um aufgerichtet zu werden, sie ist auch stark genug fürs Abschleppen“, sagte Sloane mit Blick auf die letzte große Reise des Schiffs.

Aufrichtung dauerte 19 Stunden

Nach der 19-stündigen Aktion, bei der das havarierte Schiff im Schneckentempo hochgezogen wurde, waren die Einwohner von Giglio erleichtert. „Ich verspüre eine tiefe Zufriedenheit, das war heute ein großartiges Ergebnis nach einem Jahr intensiver Arbeit“, sagte Bürgermeister Sergio Ortelli. Auch das Bergungsteam, das mit Applaus und Jubelrufen auf der Insel empfangen wurde, atmete auf. „Es war ein Kampf, ein bisschen wie eine Achterbahn, aber für das Team war es fantastisch“, sagte Projektleiter Sloane.

Italiens Ministerpräsident Enrico Letta gratulierte per Telefon: „Ich habe gesagt, dass alle, die dort arbeiten, ein großer italienischer Stolz sind“, schrieb er im Kurznachrichtendienst Twitter. Michael Thamm, der CEO von „Costa Crociere“ sagte: „Wir sind sehr froh, dass alles so geklappt hat, wie wir uns das vorgestellt haben und dass das Konzept des Aufrichtens aufgegangen ist.“

Seit dem Unglück werden zwei der Opfer noch vermisst. „Sobald wir in das Schiff können, werden wir uns auch auf die Suche nach den Opfern machen“, sagte Thamm.

Ein Überblick über Zahlen und Fakten rund um den Koloss

Das Schiff: Die „Costa Concordia“ ist 114.000 Tonnen schwer und 290 Meter lang, das entspricht fast drei Fußballfeldern. Als größtes jemals gebautes italienisches Passagierschiff ist es so hoch wie ein elfstöckiges Haus und zweieinhalb Mal so schwer wie die „Titanic“ – jenes Schiff, das 1912 bei seiner Jungfernfahrt einen Eisberg rammte und im Nordatlantik versank. Die „Costa Concordia“ beherbergte vier Swimming Pools, ein riesiges Wellnesszentrum sowie Tennis- und Basketballplätze, Geschäfte, Bars, ein Kino und ein Casino.

Das Wrack: Die „Costa Concordia“ lag seit der Havarie im Januar 2012 auf der Seite im Meer auf zwei Felsen fest. Das Schiff wurde mit Hilfe von tonnenschweren Stahlseilen um insgesamt 65 Grad in die Vertikale gezogen. Der Meeresgrund unter dem Wrack wurde dazu mit 1200 Zementsäcken stabilisiert – die wiegen allein mehr als 16.000 Tonnen. Insgesamt wurden für die Rettungsaktion 30.000 Tonnen Stahl benötigt – vier Mal so viel wie für den Pariser Eiffelturm.

Neben dem Wrack wurden zur Unterstützung sechs Plattformen montiert, an der Seite der „Costa Concordia“ wurden zur Stabilisierung mehrere Stahlcontainer angebracht, die nun als Auftriebskörper dienen. Auch auf der anderen Seite des Schiffes sollen Stahlcontainer der Stabilisierung dienen. So kann das Schiff dann weggezogen werden. Das allerdings dürfte erst im Frühjahr geschehen.

Rettungsteam und Kosten: Rund 500 Menschen aus 26 Ländern waren im Einsatz, um das Wrack zu heben, darunter auch 120 Taucher. Von einem Frachtkahn aus steuerten zwölf Ingenieure, darunter der südafrikanische Einsatzleiter Nick Sloane, die Aufrichtung. Insgesamt 30 Schiffe waren zur Vorbereitung der Bergung im Einsatz – das längste war mit gut 160 Metern die „Lone“. Die Kosten für das gewaltige und hochriskante Rettungsmanöver liegen bislang bei 600 Millionen Euro – der US-Kreuzfahrtriese Carnival, der als Eigentümer dafür aufkommt, rechnet aber mit höheren Kosten.