Das Verbrechen erschütterte die Öffentlichkeit: Dem sechsjährigen Bin Bin wurden beide Augäpfel herausgeschnitten. Erst hieß es, eine Fremde sei die Täterin. Doch nun wird gegen die Tante ermittelt.

Peking. Zehn Tage nach dem grausigen Verbrechen an einem sechsjährigen chinesischen Jungen, dem die Augen herausgetrennt wurden, scheint die Täterin festzustehen: seine Tante. Die Frau brachte sich sechs Tage nach der Bluttat um, wie die chinesischen Behörden am Mittwoch mitteilten. Die Tat vom 24. August hatte weltweit Entsetzen ausgelöst: Eine Frau hatte den kleinen Guo Bin – genannt Bin Bin – in der Stadt Linfen in der Provinz Shanxi auf ein Feld gelockt und ihm die beiden Augäpfel herausgetrennt.

Der Junge kam ins Krankenhaus und bleibt lebenslang blind. Zunächst war vermutet worden, dass die Täterin eine Fremde war, zumal der Junge angeblich gesagt hatte, sie habe mit seltsamem Akzent gesprochen und blond gefärbte Haare gehabt. Nun bestätigte die Polizei in Linfen einen Bericht der Nachrichtenagentur Xinhua, wonach der Verdacht auf die Tante des Jungens, Zhang Huiying, fällt. Auf ihren Kleidern sei sein Blut gefunden worden. Zhang habe Selbstmord begangen, indem sie sich in einen Brunnen stürzte. Ein mögliches Motiv für die Tat wurde nicht genannt.

Nach der Tat waren herzzerreißende Bilder von dem schreienden Jungen Guo Bin mit verbundenen Augen im Internet aufgetaucht. „Mama, warum ist der Himmel immer noch so dunkel?“, soll er in der Klinik gesagt haben. Seine Eltern sollen es zunächst nicht übers Herz gebracht haben, ihm zu sagen, was mit ihm los ist.

Die Mutter des Opfers, Wang Wenli, sagte, der Junge sei nach dem traumatischen Angriff verwirrt gewesen: „Es ist verständlich, dass er keine klaren Angaben zu der Situation machte.“ Seine ursprünglichen Angaben zu dem angeblich fremden Akzent habe er verändert. „Später sagte er, es sei ein lokaler Akzent gewesen, aber er sagte nicht, dass es seine Tante war.“

Immerhin geht es dem Kleinen inzwischen offenbar etwas besser, wie seine Mutter sagte. „Er redet mit mir und spielt mit Spielsachen, die ihm von Leuten geschickt wurden“, sagte Wang. „Er weiß immer noch nicht, dass er für den Rest seines Lebens blind sein wird.“

Zu den Beweisen der Polizei gegen ihre Schwägerin wollte sich die Mutter nicht äußern. „Die Polizei hat uns nichts mitgeteilt“, sagte sie. „Ich weiß nichts.“ Auch von der Polizei und den örtlichen Behörden war zunächst nichts Genaueres zu erfahren. Sie verwiesen auf den Bericht von Xinhua.

Nach chinesischen Medienberichten soll die Tante mit Bin Bins Eltern über die Finanzierung der Pflege des gelähmten Großvaters gestritten haben. Bin Bins Mutter bestritt dies aber im AP-Gespräch. „Es gab keinen Streit zwischen uns und der Tante“, sagte Wang.

Wangs Bruder Wang Wenjun, ein Onkel des Jungen, sagte am Telefon, Zhang könnte geisteskrank gewesen sein. Es sei unklar, warum sie Selbstmord begangen habe.