Michael Jackson starb außerdem hochverschuldet. Der Film „This is It“ zeigte ihn in Topform bei den Proben. War es wirklich so? Der Zivilprozess um den „King of Pop“ eröffnet einen Blick hinter die Kulissen.

Los Angeles. Niemals hat ein Konzertfilm so viel Geld eingespielt wie „This is It“. Es ist fast vier Jahr her, dass Millionen Menschen ihn sahen – und einen scheinbar gesunden, selbstsicheren Michael Jackson erlebten, der sang, tanzte und über die Bühne glitt wie in früheren Zeiten.

Es war ein Zusammenschnitt aus Proben für die Comeback-Tournee des Pop-Idols, zu der es nicht mehr kam. Jetzt werden dieselben Probenszenen noch einmal gespielt – vor einem anderen Publikum: den Geschworenen im Zivilprozess um Michael Jacksons Tod im Juni 2009.

Katherine, die Mutter des „King of Pop“, hat den Konzertveranstalter AEG Live verklagt. Sie wirft dem Organisator der für den Sommer 2009 geplanten Tournee vor, die Gesundheit ihres Sohnes aus Profitsucht aufs Spiel gesetzt zu haben. Jacksons Arzt Conrad Murray ist bereits verurteilt und sitzt wegen fahrlässiger Tötung vier Jahre Haft ab.

Zeugenaussagen und Beweismaterial, die der Jury präsentiert wurden, zeichnen ein ganz anderes Bild von Jackson als der Konzertfilm. Skelettartig habe er ausgesehen, verloren gewirkt, er sei manchmal nicht in der Lage gewesen, die Songs zu singen, die ihn zum Superstar machten – das sind Beschreibungen, die nach Ansicht von der Klägerseite untermauern, wie erschöpft Michael in jenen Tagen vor seinem tragischen Tod war.

Konzertveranstalter AEG live weißt Vorwürfe zurück

Die Anwälte von AEG Live sehen in „This is It“ hingegen den Beweis für Jacksons künstlerische Brillanz während der letzten Proben. Der Film beschreibe fair und akkurat, wie sich Michael Jackson bei den Proben verhalten habe, versichert Verteidiger Marvin Putnam. Der Film zeige keinen Menschen, dessen Zustand sich zusehends verschlechtere. Man habe beim besten Willen nicht wissen können, dass der Star bald sterben werde, argumentiert der Konzertveranstalter.

Dagegen präsentierten die Anwälte von Katherine Jackson in der vergangenen Woche E-Mails von fünf Mitarbeitern ihres Sohnes aus dem Jahr 2009, in denen Sorge um die Gesundheit des Popstars geäußert wurde. Die in dem Film gezeigten Szenen seien sorgfältig ausgewählt worden, um nur das Beste zu präsentieren. „This is It“ kam im Oktober 2009 für zwei Wochen in die Kinos – und spielte mehr als 260 Millionen Dollar ein – also an die 200 Millionen Euro.

Die Aufnahmen, die zum Film zusammengeschnitten wurden, waren ursprünglich nicht für die große Leinwand gedacht. Das merkt man auch wiederholt. So trägt Michael Jackson beispielsweise oft während eines einzigen Songs mehrere Outfits, weil die Szenen aus verschiedenen Proben zusammengestellt wurden. Auch entspricht die zeitliche Reihenfolge der im Film präsentierten Songs nicht immer der, wie Michael Jackson sie übte.

Mitarbeiter enthüllen traurige Details von Proben

Dennoch scheint der Film noch einmal deutlich das enorme Tanztalent zu belegen, das Michael Jackson zum Superstar machte. Dagegen enthüllten Mitarbeiter im Gerichtssaal traurige Details von den Proben.

So sagte etwa Choreograph Travis Payne aus, dass Jackson den Wunsch geäußert habe, einen Teleprompter zu benutzen – das sollte ihm helfen, sich an den Text mancher seiner Songs zu erinnern. Regisseur Kenny Ortega zufolge versäumte Jackson Mitte Juni gleich mehrere Proben. In einem Fall, am 19. Juni, sei der Popstar zitternd und offensichtlich verwirrt erschienen – „wie ein verlorener Junge“.

Produktionsmanager John „Bugzee“ Houghdahl schrieb nach eigenen Angaben am 19. Juni an den Chef von AEG Live, Randy Phillips: „Ich habe mit eigenen Augen erlebt, wie es in den vergangenen acht Wochen mit ihm bergab gegangen ist.“ Laut einer anderen Aussage schickte Phillips nach Jacksons Tod eine E-Mail an einen Topmitarbeiter der Konzertfirma mit der Anweisung: „Stelle sicher, dass wir (aus dem Konzertfilm) die Aufnahmen von MJ herausnehmen, in denen er diese rote Lederjacke trägt...“ Er sehe darin „skelettartig“ aus.

Was genau aus „This is It“ herauszulesen ist, liegt wohl im Auge des Betrachters. Auch die Verteidiger des später verurteilten Jackson-Arztes Murray hatten den Film und 100 Stunden an nicht verwendeten Aufnahmen von den Proben genauestens studiert. Ihr Fazit damals über Michael Jacksons Auftritte kurz vor seinem Tod: „Sogar an seinen schlechten Tagen ist er gut.“

400 bis 500 Millionen Dollar Schulden zum Todes-Zeitpunkt

Nach einem Bericht der "Los Angeles Times" sagte der Finanzexperte William R. Ackermann vor Gericht, Michael Jackson habe zum Zeitpunkt seines Todes 400 bis 500 Millionen Dollar Schulden gehabt. Die Zinsen hätten sein Vermögen aufgefressen. Jackson habe außerdem viel Geld für Wohltätigkeitsveranstaltungen ausgegeben, für Geschenke, Kunst und Möbel. "Und er gab sehr viel Geld für Schmuck aus", so Ackermann.

Michael Jackson soll bereits zwölf Jahre vor seinem Tod schwer medikamentenabhängig gewesen sein. Das berichtet das amerikanische Internetportal TMZ. Jacksons ehemalige Ehefrau Debbie Rowe sagte, dass Ärzte dem Superstar bereits Ende der neunziger Jahre Propofol als Schlafmittel gegeben hätten. An einer Überdosis Propofol, das beispielsweise Patienten vor einer Darmspiegelung zur Beruhigung gegeben wird, war Jackson gestorben.

Rowe nahestehenden Personen enthüllten auch, dass die Ärzte Jackson 1997 in einem Münchener Hotel Propofol verabreicht hätten. Erst danach habe er für acht Stunden geschlafen. Offenbar hatte Jackson ernsthafte Probleme mit seiner Ruhelosigkeit.