Seit Tagen schon krempelt Irsee den Oggenrieder Badeteich um, doch von der bissigen Alligator-Schildkröte fehlt jede Spur. Jetzt sollen Zoo-Experten aus München Lotti aufspüren. Zweifel an der Rasse des Tieres.

Irsee. Von der Alligator-Schildkröte Lotti fehlt zwar weiter jede Spur – dennoch steigen nach Expertenansicht die Chancen, das Reptil zu fangen. „Wir versuchen die Sicht der Schildkröte einzubringen“, sagte Markus Baur von der Münchner Reptilienauffangstation am Dienstag.

Lotti habe sich wohl im Schlamm versteckt. Acht Experten vom Institut für Zoologie aus München unterstützen seit Dienstag die Suche am Oggenrieder Weiher im schwäbischen Irsee. Das Wasser des Teichs ist inzwischen abgelassen worden.

In der vergangenen Woche hatte sich ein achtjähriger Bub im Wasser eine stark blutende Fußverletzung zugezogen, seine Achillessehne wurde zweimal durchtrennt.

Der Operationsarzt ging von einem Tierbiss aus. Daraufhin befragte Experten sagten, dass es sich um den Biss einer Alligator-Schildkröte handeln könnte. Der See wurde umgehend gesperrt.

Zu den Zweifeln an der Existenz von Lotti sagte Baur: „Niemand auf dieser Welt kann mit Sicherheit sagen, dass das eine Schildkröte war.“ Die stichähnlichen Verletzungen an der Ferse des Jungen legten es aber nahe, dass eine Geierschildkröte mit ihren hakenförmigen Kiefern zugebissen habe.

Bürgermeister Andreas Lieb ist sich sicher, dass es Lotti gibt: „Bei Loch Ness gab es nur die Sichtungen. Aber wir haben leider einen Schwerverletzten.“ Die Gemeinde würde verantwortungslos handeln, wenn sie nichts unternähme.

Schwere Schuhe und Handschuhe

„Der See steht unter Beobachtung“, sagte der Vorsitzende der Freiwilligen Feuerwehr Irsee, Manfred Lang. Am Montagnachmittag suchten Einsatzkräfte das Ufer und Bachläufe ab - erfolglos. „Wir gehen Zentimeter für Zentimeter vor“, sagte Lang.

Die 17 Feuerwehrmänner, die dabei auch durch hohes Gras und Schilf liefen, trugen schwere Schuhe und Handschuhe. Das Wasser sei inzwischen völlig abgelaufen, sagte Lang. „Der Schlamm ist aber so tief, dass wir die Schildkröte dort nicht suchen können.“ Vermutlich habe sich das Tier in den Schlamm eingegraben. Mit einem schnellen Erfolg rechnet er nicht: „Das ist wie ein Lottospiel. Es könnte noch Tage dauern, bis sie auftaucht.“

Am Montag wurden außerdem Elektrozäune rund um den See und vor einem Waldgebiet aufgestellt, wie Irsees Bürgermeister Andreas Lieb sagte. Damit solle verhindert werden, dass Lotti den Suchtrupps entwischt. Für Dienstag werden Zoologen aus München erwartet. „Dann wird das Gelände großräumig abgesperrt und wenn Ruhe herrscht, dann wird sie rauskommen“, sagte Lieb.

„Eigentlich nicht aggressiv“

„Mir hat es den Magen umgedreht, als ich die Fotos gesehen habe“, sagte Baur der Münchner „Abendzeitung“. Er ist einer der Experten, die erkannten, dass der Junge womöglich von einer Alligator-Schildkröte gebissen wurde.

„Die Tiere sind eigentlich nicht aggressiv, aber der Bub muss ihr direkt ins Maul gelaufen sein. Und wenn eine Geierschildkröte dann beißt, ist das verheerend“, sagte Baur.

Womöglich lebe das Tier schon seit Jahren im Oggenrieder Weiher. „Dort gibt es viele Flachwasserbereiche und Schilf, das mögen die Schildkröten. Unser Klima setzt ihnen nur langsam zu. Sie sterben jämmerlich über Jahre, weil sie von ihren hirnlosen Besitzern ausgesetzt wurden.“

Tierschutzbund fordert Haltungs-Regeln

Der Deutsche Tierschutzbund forderte unterdessen bundesweit einheitliche gesetzliche Regeln zu Haltung und Handel mit exotischen Tieren. „Das Interesse an exotischen Tieren, auch gefährlichen, wächst und wächst“, sagte Präsident Thomas Schröder.

Jedes Jahr würden zahlreiche Reptilien, unter anderem auch Geier- und Schnappschildkröten in Tierheimen abgegeben oder ausgesetzt. Die Haltung dieser Schildkröten sei zwar seit vielen Jahren bundesweit verboten. Trotzdem würden die Tiere noch gehalten und gehandelt.

Die bissigen Alligator-Schildkröten sind eigentlich in den USA beheimatet, in freier Wildbahn ernähren sie sich unter anderem von Fischen, Fröschen und Schlangen.

Ihre Haltung ist in Deutschland seit 1999 verboten. Wie das Tier in den Weiher kam, ist unklar. Vermutlich wurde es von seinem Besitzer ausgesetzt. Es wurde Anzeige gegen Unbekannt erstattet.