Schon jetzt ist der kleine Prinz ein Trendsetter. Kaum haben Prinz William und Herzogin Kate ihren Sohn präsentiert, diskutieren Modeblogger die Herkunft der Decke, in die das Baby gewickelt ist.

London. Die Szene dauerte keine Minute und veränderte doch die Welt der Babymode. Ganze 45 Sekunden hatten die Fotografen Zeit, um den ersten öffentlichen Auftritt des neugeborenen Windsor-Prinzen George festzuhalten, als er von seinen Eltern William und Kate in einer Decke mit kleinen aufgedruckten Vögeln vom Krankenhauseingang zum Auto getragen wurde.

Seitdem fragen sich werdende Mütter rund um den Globus: Was war das bloß für eine Kuscheldecke? Und wo kann ich sie kaufen? Die Geschichte zeigt, wie eine kleine Firma im Strudel der allgemeinen Aufmerksamkeit mitgerissen werden kann – nur weil ihr Produkt von der britischen Königsfamilie genutzt wird.

Vier Stunden nach der Präsentation des royalen Nachwuchses brach die Internetseite des New Yorker Babyartikelherstellers „aden + anais“ zusammen. Auch am Tag danach funktionierte sie nicht. In nur neun Tagen wurde das Deckchen 7000 Mal bestellt – sechs mal so oft wie sonst. Und das, obwohl die Firma weder mit der königlichen Kundschaft warb noch auch nur eine Pressemitteilung herausgegeben hätte.

Raegan Moya-Jones, Gründerin und Chefin von „aden + anais“ war selbst völlig überrascht. Sie war gerade auf dem Weg in eine Sitzung, als ihr ein Mitarbeiter das Bild von Prinz George in einem ihrer Produkte gewickelt zeigte. Sie glaubte zunächst an einen Scherz: „Ich dachte, das Foto ist gefälscht“, sagt sie.

Decke ist in Großbritannien längst ausverkauft

Die Decke gehört zu einem Viererset von Baumwollmusselindecken mit unterschiedlichen Tiermotiven, das in Großbritannien etwas mehr als umgerechnet 50 Euro kostet. In Großbritannien und den USA ist es längst ausverkauft. Auf der Webseite der Herstellerfirma steht der Hinweis, das Set sei „derzeit nicht auf Lager“. Ein Hinweis auf die Royals ist dort bis heute nicht zu finden.

Cele Otnes ist Professorin für Marketing an der Universität von Illinois und hat sich professionell mit dem Phänomen beschäftigt. Demnächst erscheint ein Buch, in dem sie erklärt, warum Menschen genau das haben wollen, was auch die Mitglieder der Königsfamilie tragen. Die Fans wollten an einem großen, fröhlichen Ereignis teilhaben. „Das ist immerhin Geschichte“, sagt Otnes. „Und wer selbst keinen Thronfolger zur Welt bringen kann, kann für sein Kind wenigstens die royale Kuscheldecke kaufen.“

Das ist kein ganz neuer Trend. Bereits zu Prinzessin Dianas Zeiten verkauften sich die Blusen mit Rüschenkragen, die Williams Mutter so gerne trug, wie von selbst. Neu ist, dass George der erste Thronfolger ist, der ins Internetzeitalter hineingeboren wird und sich der Werbeeffekt der Benutzung durch die Windsors praktisch in Echtzeit einstellt.

Der „Kate-Effekt“

In Großbritannien wird das Phänomen „Kate-Effekt“ genannt. Seit sie im blauen Designerkleid ihre Verlobung mit William bekannt gab, wird jedes Kleidungsstück, das sie trägt, zum wirtschaftlichen Selbstläufer. In unzähligen Modeblogs diskutieren die Fans die Garderobe der Herzogin von Cambridge, und sie ist sich dieser Wirkung durchaus bewusst. Sie kauft sich Kleidung, die erschwinglich ist, möglichst von britischen Firmen.

Jetzt ist ihr Söhnchen George im Fokus der Netzgemeinde. Und deren penible Beobachtung wird sich fortsetzen, prophezeit Expertin Otnes. Man brauche nur auf die ersten Bilder von George in Babyschuhen, mit Sonnenhut oder mit dem ersten Tretroller zu warten – der positive Werbeeffekt werde die Hersteller dieser Produkte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ebenfalls erfassen. Die Welle der Aufmerksamkeit komme schnell und heftig – und sie halte meist nur kurz an.

Die Kuscheldeckenproduzentin Moya-Jones gründete ihr Unternehmen vor sieben Jahren, weil sie im Handel nicht das fand, was sie suchte. Inzwischen beschäftigt sie 65 Arbeitnehmer in Vollzeit und etwa noch einmal so viele in Teilzeit. Sie produzieren Schlafsäcke, Spucktücher, Wickelunterlagen und Kuscheldecken, also alles textile Babyzubehör außer Kleidung. Anders als viele andere Firmen hatte „aden + anais“ nicht ungefragt eine Kollektion an das Haus Windsor geschickt.

Die Chefin fühlt sich geschmeichelt, dass sich die Windsors von sich aus für ihr Produkt entschieden haben. Kate soll die Decke persönlich bei einem Einkaufsbummel in einem Londoner Geschäft ausgewählt haben. „Das ist eigentlich das Schönste“, sagt sie. „Letztlich ist die Herzogin eben doch nur eine junge Mutter wie so viele andere“.