Der Zug ist südlich von Paris im Bahnhof entgleist und umgestürzt. Mindestens sechs Menschen starben, weitere 22 wurden zudem schwer verletzt.

Paris. Nach dem schweren Zugunglück im Großraum Paris wird weiterhin nicht ausgeschlossen, dass sich weitere Tote in den Trümmern befinden. „Die Rettungskräfte haben zur Stunde keine neuen Opfer identifiziert, (...) aber wir müssen extrem vorsichtig bleiben“, sagte Verkehrsminister Frédéric Cuvillier am Sonnabendmorgen dem Fernsehsender i Tele. Die Bergungsarbeiten seien langwierig, traurige Entdeckungen nicht ausgeschlossen. Bei dem Unglück am Bahnhof von Brétigny-sur-Orge waren am Freitag mehrere Waggons eines Intercity-Zuges aus den Gleisen gesprungen. Mindestens sechs der 385 Reisenden starben. 30 Menschen wurden verletzt.

Das schwere Zugunglück ist nach ersten Erkenntnissen nicht durch einen Fehler des Lokführers verursacht worden. Es habe kein „menschliches Problem“ gegeben, sagte Cuvillier am Sonnabendvormittag dem Radiosender RTL. Die Ermittlungen konzentrierten sich auf mögliche Defekte am Zug oder der Infrastruktur. „Der Lokführer hat zum Glück absolut einzigartige Reflexe gezeigt, indem er sofort Alarm ausgelöst hat“, erklärte Cuvillier. Dies habe verhindert, dass ein entgegenkommender Zug in die entgleisten Waggons gerast sei.

Ein „apokalyptischer Anblick“

Den Augenzeugen und mehr als 300 Rettungskräften an der Unglücksstelle bot sich ein Bild des Grauens. „Das Bahnsteigdach ist eingestürzt. Vier Waggons sind total zerfetzt“, berichtete der sozialistische Parlamentarier Michel Pouzol im Radio. Es sei ein „apokalyptischer Anblick“. Der Bürgermeister des betroffenen Ortes, Bernard Decaux, sprach von Panik rund um den Bahnhof.

Wie es in Brétigny-sur-Orge zu einem der schwersten Zugunglücke der vergangenen Jahre kam, war zunächst völlig unklar. Nach ersten Erkenntnissen wurde der Zug mit der Nummer 3657 bei der Einfahrt in den Bahnhof aus noch ungeklärter Ursache in zwei Teile gerissen. Während der Zugteil mit dem Triebwagen weiterrollte, krachte der andere in den Bahnsteig. Insgesamt sechs Waggons seien entgleist, sagte der zur Unglücksstelle geeilte Bahnchef Guillaume Pepy.

Ein in der Nähe der Unfallstelle wohnender Eisenbahner im Ruhestand berichtete dem Sender RTL: „Das hat sich wie ein kleines Erdbeben angefühlt. Es gab einen heftigen Stoß, aber keinen großen Lärm.“ Andere Anwohner sprachen von einem großen „Bums“.

„Es flogen überall Trümmerteile und Schotter herum“, berichtete ein 22 Jahre alter Augenzeuge, der zum Unglückszeitpunkt in der Bahnhofsbar saß. Teller seien auf den Boden gekracht, eine Frau sei durch die Schockwelle fünf Meter durch die Luft geschleudert worden. Nicht nur im Zug selbst, sondern auch am Bahnhof habe es Verletzte gegeben.

Ein Passagier sagte, als er sich aus dem Waggon befreit habe, habe er über „eine Person steigen müssen, deren Kopf abgerissen war“. Kurz nach der Abfahrt aus Paris habe es einen ersten Stoß gegeben, dann einen zweiten, und der Waggon sei abgehoben. „Dann gab es einen dritten und vierten (Stoß), und der Waggon hat sich hingelegt.“

Die Bahngesellschaft SNCF richtete eine Notfallnummer für die Angehörigen der Reisenden ein. Eigentlich hätte der um 16.53 Uhr am Pariser Bahnhof Austerlitz gestartete Zug um 20.05 Uhr in Limoges ankommen sollen. Die Stadt liegt rund 400 Kilometer südlich der Seine-Metropole.

Zuletzt hatte 2011 ein schweres Zugunglück Frankreich erschüttert. Damals stieß ein Lastwagen an einem beschrankten Bahnübergang nördlich von Rennes mit einem Regionalzug zusammen – zwei Menschen starben und 45 wurden verletzt. 2002 starben bei einem Brand in einem Schlafwagen eines Nachtzugs auf der Strecke zwischen Paris und München in Nancy zwölf Menschen.