Bei einem Stopp hatte die Feuerwehr einen kleinen Brand gelöscht, dabei könnten sich die Bremsen gelöst haben und der Zug rauschte in die Katastrophe, die 13 Todesopfer forderte.

Lac-Mégantic. Nach der verheerenden Explosion eines entgleisten Tankzugs im kanadischen Lac-Mégantic mit mindestens 13 Toten dauert die Ursachenforschung an. Der Besitzer des Zugs, das US-Bahnunternehmen The Montreal, Maine & Atlantic, machte am Dienstag Feuerwehrmänner für das Unglück verantwortlich, die bei einem Zwischenstopp einen kleinen Brand im Motor einer Lokomotive gelöscht hatten. Die Behörden kämpfen nach dem Großbrand nun gegen eine drohende Ölpest im nahe gelegenen Sankt-Lorenz-Strom.

Der mit Rohöl beladene Zug war in der Nacht zum Samstag führerlos durch Lac-Mégantic gerast und entgleist, mehrere Kesselwagen explodierten. Durch das Flammeninferno wurde das Zentrum der 6000-Einwohner-Stadt völlig zerstört. Die Behörden gehen mittlerweile von insgesamt rund 50 Toten und Vermissten aus.

Der Zug hatte in der 13 Kilometer westlich von Lac-Mégantic gelegenen Stadt Nantes wegen eines Personalwechsels gehalten. Nach Angaben der Bahngesellschaft war im Motor der ersten Lokomotive ein kleiner Brand ausgebrochen. Der Vorsitzende des Unternehmens, Ed Burkhardt, sagte der Zeitung „La Presse“, die Feuerwehrmänner hätten für die Löscharbeiten den Motor der Lok ausgeschaltet. Dadurch hätten sich die Bremsen gelöst und der Zug habe sich in Bewegung gesetzt. Der Chef der örtlichen Feuerwehr, Patrick Lambert, wies diese Anschuldigung zurück. Die zwölf Einsatzkräfte hätten sich an die Sicherheitsvorschriften gehalten.

Untersuchungen konzentrieren sich auf Bremsen

Die für die Transportsicherheit zuständige Behörde TSB kündigte an, sich bei den Untersuchungen auf die Bremsen der Lok sowie die Richtlinien des Bahnunternehmens für die Sicherung angehaltener Züge zu konzentrieren. Zudem soll die Brandursache in der betreffenden Lok sowie die Eignung der Kesselwagen für den Transport brennbarer Flüssigkeiten überprüft werden.

Am Montag konnten die Ermittler erstmals das gesamte Unglücksgebiet in Augenschein nehmen; eine Fläche von zwei Quadratkilometern war fast völlig niedergebrannt. Das macht auch die Identifizierung der Leichen so schwierig: Die Polizei bat alle Angehörigen der möglichen Opfer um Zahnbürsten, Haarbürsten oder Kopfbedeckungen der Vermissten, um DNA-Proben nehmen zu können.

Nach der menschlichen Tragödie droht nun auch noch eine Umweltkatastrophe. Nach Angaben des Umweltministeriums sind bislang aus den zerstörten Tankwaggons rund 100.000 Liter Rohöl in die Chaudière geflossen, einen Nebenfluss des großen Sankt-Lorenz-Stroms. „Alle Ressourcen“ würden eingesetzt, um zu verhindern, dass der Ölteppich den Sankt-Lorenz-Strom erreicht. Er gehört zu den größten Flüssen Nordamerikas und verbindet die Großen Seen mit dem Atlantik.

In Ermangelung von Pipelines hat der Transport von Erdöl auf der Schiene in den USA und Kanada in den vergangenen Jahren massiv zugenommen: In Kanada stieg er von 500 Waggons im Jahr 2009 auf geschätzte 140.000 Waggons in diesem Jahr; in den USA nahm er von 9500 im Jahr 2008 auf 234.000 im vergangenen Jahr zu.