Sie können Eltern und andere Erwachsene auffordern, die Zigarette auszumachen. Denn seit 1. Juli ist im norwegischen Gesetz verankert, dass jedes Kind Anspruch auf „rauchfreie Luft“ hat.

Oslo. „Papa, mach die Ziggi aus. Das stinkt!“ Das hört man sicherlich bereits jetzt in vielen Wohnzimmern weltweit, aber in Norwegen gilt seit Dienstag: Wenn ein Kind so etwas zu einem Erwachsenen sagt, ist er verpflichtet, die Zigarette auszumachen!

Denn seit 1. Juli ist im norwegischen Gesetz verankert, dass jedes Kind Anspruch auf „rauchfreie Luft“ hat. Dabei handelt es sich jedoch nicht um ein Gesetz, das unmittelbar strafrechtlich verfolgt werden kann, sondern um eine richtungsweisende Verordnung, die rein juristisch das gleiche Gewicht hat wie die Verordnung, dass Eltern ihre Kinder hüten und schützen sollen. Falls man sich nicht daran hält und es einen Kläger gibt, kann sich das Jugendamt einschalten und Eltern könnten vonseiten der Jugendschutzbehörden unter Druck gesetzt werden.

Damit geht das Gesetz bei weitem nicht so weit, wie es norwegische Kinderschützer und Nikotingegner erhofft hatten. Seit Jahren kämpfen sie dafür, dass Rauchen in der Nähe von Kindern schlichtweg verboten wird, sei es in den eigenen vier Wänden, im eigenen Auto oder auch im Biergarten. Allerdings kollidiert dieser Gedanke mit dem Grundsatz der Unantastbarkeit der Privatsphäre des Menschen.

Deshalb nun dieser Kompromiss, dem einige mit Skepsis gegenüber stehen, denn man fragt sich, was er eigentlich bringen soll, außer potentiellen Streit unter den Generationen.

Norwegens Gesundheitsdirektor Knut-Inge Klepp erklärt die Verordnung so: „Passives Rauchen bei Kindern ist hiermit ein offizielles Thema geworden. Wir wollen, dass sich die Bürger damit beschäftigen. Gleichzeitig werden wir Informationskampagnen einleiten, damit es gar nicht so weit kommt, und Erwachsene Kinder und Jugendliche Zigarettenrauch aussetzen. Außerdem ist die Verordnung als vorbeugende Arbeit sehr wichtig, damit Jugendliche nicht zu zukünftigen Rauchern werden.“

Damit die Kinder und Jugendlichen auch wissen, welche Rechte sie nun haben, wird man Informationsmaterial an den Schulen verteilen. „Es gibt bereits viel Material für Schulkinder, das wir nun ergänzen werden.“

Die Verordnung betrifft allerdings nicht nur die Eltern, sondern alle Erwachsenen. Man könnte sich also vorstellen, dass man im Sommer in einem Osler Straßencafé sitzt und gemütlich zum Kaffee eine Zigarette raucht und sich ein Kind oder Jugendlicher vom Nebentisch belästigt fühlt. Es ist noch nicht geklärt, was - falls der Erwachsene sich weigern würde, die Zigarette auszumachen – dann eigentlich passieren würde. Kann das Kind die Polizei rufen? Kann der Restaurantbesitzer den Erwachsenen vor die Tür setzen? Die Café- und Restaurantbesitzer haben vorgesorgt, vielerorts sucht man heute auch an den Tischen im Freien vergeblich nach einem Aschenbecher.

Der politisch sehr einflussreiche „Verband der Herz- und Lungenkranken“ (LHL) fordert, dass Norwegen ab 2023 ein rauchfreies Land ist und ab dann sogar der Import von Tabak und Rauchwaren in Norwegen vollkommen eingestellt wird.

Ob das klappt, steht in den Sternen, aber der Zukunftsplan der norwegischen Regierung macht es Nikotinsüchtigen ab sofort immer schwerer. Neben dem Kinderschutz sehen die einzelnen Schritte so aus: Werbung für E-Zigaretten wurden verboten, genau wie die in Skandinavien immer noch beliebten Zehner-Packungen. In den nächsten zwei Jahren soll das Rauchen vor Krankenhäusern, vor und in Schulen und Kindergärten und an allen Arbeitsplätzen eingestellt werden. Selbst Raucherräume in Büros werden abgeschafft. Zigaretten soll man nicht mehr per Selbstbedienung kaufen können und Rauchwaren darf man erst nach dem 20. Geburtstag kaufen.

NHL ist das nicht genug. Der Verband fordert, dass das Rauchen im öffentlichen Raum ohne Ausnahmen ganz verboten wird, also auch in Parks, am Strand, am Feldweg – einfach überall! Falls auch das eingeführt wird, kann man in Norwegen eigentlich nur noch zu Hause rauchen – wenn man keine Kinder hat!