Die Niederländerin Ingrid Visser und ihr Freund wurden in Spanien gefoltert und ermordet. Hintergrund könnten dubiose Geschäfte gewesen sein.

Madrid. Der Doppelmord an der niederländischen Volleyballerin Ingrid Visser, 35, und ihrem Lebensgefährten Lodewijk Severein, 57, gibt der spanischen Polizei immer neue Rätsel auf. Die Rekordnationalspielerin und ihr Manager waren vor gut zwei Wochen während eines Spanienbesuches als vermisst gemeldet worden. Ihre Leichen wurden am Sonntag zerstückelt und in Plastiksäcke verpackt in einer Zitronenplantage in der Nähe von Murcia im Südosten des Landes entdeckt.

Die Ermittler und Angehörigen der Opfer stehen vor bisher ungelösten Fragen: Warum war das Paar in das Auto gestiegen, das es zu seinen Mördern brachte? Visser war nach Murcia gereist, um sich in der Stadt, in der sie drei Jahre lang gespielt hatte, in einer Klinik für künstliche Befruchtung untersuchen zu lassen. Dies jedenfalls hatte sie ihrer Familie gesagt.

Aber dann ließen sich die ehemalige Sportlerin und ihr Freund in ein Landhaus chauffieren. Das Paar sollte das einsam gelegene Gebäude nicht mehr lebend verlassen. Die Niederländer trafen nach Erkenntnissen der Ermittler dort auf den Spanier Juan Cuenca, 36, ehemals Manager von Vissers Ex-Verein CAV Murcia. Und auf zwei Rumänen. Die Besucher wurden gefoltert. So wurden Severein bei vollem Bewusstsein die Zähne gezogen und der Kiefer zertrümmert. Nach der Ermordung wurden die Opfer mit einer Kreissäge enthauptet und zerstückelt, bevor sie in den mehr als 30 Kilometer entfernten Zitronenhain gebracht und dort verscharrt wurden.

Die Polizei geht davon aus, dass die 47 und 60 Jahre alten Rumänen, die am Montag festgenommen wurden, als Auftragskiller angeheuert worden waren und den Doppelmord begingen. In dieser Annahme scheinen die Ermittler sich ziemlich sicher zu sein. Aber die Hintergründe des Verbrechens bleiben mysteriös. Unklar ist, weshalb die Täter so grausam und brutal zu Werke gingen.

Um zwei andere Fragen ranken sich viele Spekulationen: Wer gab den Auftrag zu dem Doppelmord? Und was war das Motiv? Die Justiz erklärte die Ermittlungen für vertraulich, gab keinerlei Informationen heraus und heizte damit die Gerüchteküche an. Die Polizei beschränkte sich auf vage Andeutungen. „Geschäftliche Differenzen“ hätten das Verbrechen ausgelöst, sagte Murcias Polizeichef Cirilo Durán. Mit dem Sport hätten diese Geschäfte nichts zu tun gehabt.

Dabei könnte ein Steinbruch eine Rolle spielen, in dem Marmor abgebaut wird. Der Steinbruch gehört dem Unternehmer Evedasto Lifante, der früher Besitzer und Hauptsponsor des mittlerweile aufgelösten Volleyball-Clubs CAV Murcia war. Das Unternehmen, heißt es, könnte den Niederländern in einem undurchsichtigen Geschäft zum Verkauf angeboten worden sein.

Ex-Clubmanager Cuenca, gegen den am Mittwoch Haftbefehl erlassen wurde und der nun in Untersuchungshaft sitzt, soll bei seinen Vernehmungen versucht haben, die Verantwortung für das Verbrechen Lifante zuzuschieben. Der frühere Club-Chef bestritt dies jedoch und drohte Cuenca mit einer Verleumdungsklage. Er habe sich von Cuenca 2011 im Streit getrennt und seither nicht mehr mit ihm gesprochen.

Lifante sagte, er habe Cuenca im vergangenen Jahr angezeigt, weil dieser versucht habe, seinen Steinbruch mit gefälschten Papieren zu verkaufen. Der niederländischen Zeitung „Algemeen Dagblad“ berichtete der Unternehmer, dass er um sein Leben fürchte. „Die beiden Rumänen sind natürlich nicht allein. Dahinter muss mehr stecken, eine größere Organisation.“ Auch die Polizei schloss nicht aus, dass noch weitere Verdächtige festgenommen werden. Die mutmaßlichen Auftragskiller wurden am Mittwoch weiter verhört.

Fotos zum Doppelmord www.abendblatt.de/visser