In Krisenzeiten ist es überraschend. Eine Umfrage sieht Deutschland als Spitzenreiter, was den positiven Einfluss in der Welt angeht. Das hängt wohl auch mit einem neuen Image zusammen.

Berlin/London. Es ist eine Schlagzeile zum Augenreiben. „BBC-Umfrage: Deutschland beliebtestes Land der Welt“, titelte der britische Sender am Donnerstag. Das in Zeiten, in denen sich Angela Merkel als Sparkommissarin nicht immer beliebt macht. Auf Bildern bekommt die Kanzlerin auch schon mal eine Nazi-Uniform verpasst. In der BBC-Studie schlug Deutschland Japan als Spitzenreiter aus dem Rennen. 59 Prozent finden den Einfluss Deutschlands in der Welt „überwiegend positiv“. Dahinter folgen Kanada und Großbritannien. Die BBC hatte 26.000 Menschen in 25 Ländern der Erde nach ihrer Sichtweise auf 16 Länder und die EU befragt.

Die Umfrage lässt sich neben der soliden Wirtschaftsleistung wohl auch mit einem gewandelten Image von Deutschland erklären. Spätestens seit der hiesigen Fußball-WM 2006, als die Partybilder der Fanmeilen um die Welt gingen, sind Klischees wie Lederhosen und Bier nicht mehr so dominant wie früher. Nach dem Motto: Die Deutschen können auch feiern und sind nicht nur die Spießer, die selbst nachts als Fußgänger an der roten Ampel warten.

Laut BBC schnitt Deutschland in der Umfrage weltweit gut ab. Das galt auch für Österreich und Frankreich, die Ausnahme war das rezessionsgeplagte Griechenland. „Es freut mich sehr, dass Deutschland gerade in diesen Zeiten so großes Ansehen in Europa und der Welt genießt“, sagt Außenminister Guido Westerwelle.

Von der BBC-Umfrage einmal abgesehen, war besonders in England in den vergangenen Jahren ein Wandel zu bemerken. Wurden früher Fußballer mit Kriegshelm porträtiert, findet sich heutzutage etwa in der „Sun“ eine Liebeserklärung an die Deutschen. Das Boulevardblatt schätzt neben Claudia Schiffer, deutschen Autos, Jägermeister und Rudi Völlers alter Frisur auch Lidl und Aldi.

Auch wenn es immer noch die alten Klischees gibt, die Tourismusbranche hält Deutschlands modernes Image hoch. Die Übernachtungen von ausländischen Gästen stieg im dritten Jahr in Folge und lag 2012 bei fast 70 Millionen im Jahr – ein Rekord. „Wenn in Europa gereist wird, dann nach Deutschland. Die Zahlen sprechen für sich“, sagt Beate Kilian von der Deutschen Zentrale für Tourismus in Frankfurt/Main.

Das Goethe-Institut, das weltweit Kultur- und Sprache vermittelt, spürt das sich wandelnde Deutschlandbild in vielen Facetten: Im Süden Europas führt die Eurokrise eher dazu, dass negative Klischees aufgegriffen werden, der Norden nimmt Deutschland tendenziell als Krisenmanager wahr. „Großbritannien ist ein spannender Sonderfall“, sagt Goethe-Instituts-Sprecher Christoph Mücher. Er hat dort eine Liebe zum Deutschen, eine Germanophilie, beobachtet. In der britischen Kulturszene gibt es einflussreiche Deutsche, darunter Martin Roth, Leiter des Victoria & Albert Museums. Selbst deutsche Weihnachtsmärkte haben die Londoner schon entdeckt.

Wer hätte noch vor wenigen Jahren gedacht, dass Deutsch als Sprache so wichtig wird? Am Goethe-Institut stieg die Zahl der Schüler im Krisenland Spanien um 50 Prozent, in Nordamerika um 10 Prozent. Dazu kommt der „Lifestyle-Faktor“, wie Mücher sagt. Zu dem trägt besonders die Hauptstadt bei, die junge Leute aus aller Welt anzieht. Wenn ein Goethe-Institut eine Berlin-Woche anbiete, laufe das immer, sagt Mücher. Wie das Deutschlandbild sich entwickeln wird, kann er nicht vorhersagen. „Es wird spannend zu sehen, wie die Krise weitergeht. Wir beobachten das wirklich sehr genau.“