Auch die dänische Minderheit fieberte mit der späteren ESC-Gewinnerin Emmelie de Forest. Sprecher des Südschleswigschen Wählerverbandes bezweifelt politische Gründe für schlechtes deutsches Abschneiden.

Hamburg. Euphorie, rot-weiße Flaggen und Freudentränen, soweit das Auge reichte. In der dänischen Hauptstadt Kopenhagen haben Tausende Fans mit Slogans wie „Sejren er vor“ („Der Sieg ist unser“) den Triumph beim Eurovision Song Contest (ESC) wie den Fußball-EM-Erfolg 1992 gefeiert. Die 20-jährige Dänin Emmelie de Forest hatte den ESC im schwedischen Malmö am Sonntagfrüh mit ihrem Titel „Only Teardrops“ gewonnen.

Nach dem Sieg wurde de Forest mit Begeisterung in ihrer Heimat empfangen. Im Kopenhagener Vergnügungspark Tivoli präsentierte sich die Sängerin am Sonntag ihren Fans, wie im dänischen Fernsehsender DR zu sehen war. „Singen ist das Beste“, sagte de Forest. „Ich bin sicher, dass ich in der nächsten Zeit Erfolg haben werde.“

Barfuß und mit flatterndem Kleid hatte die Dänin in Malmö gewonnen. Die 20-Jährige war bereits als Favoritin ins Rennen gegangen und überzeugte am Sonnabendabend mit dem Pop-Song „Only Teardrops“. Dänemark hatte zuletzt vor 13 Jahren mit den Olsen Brothers den ESC gewonnen.

„Es war überwältigend“, beschrieb de Forest ihren Auftritt. „Ich bin jetzt das glücklichste Mädchen der Welt.“ Dass sie wie die deutsche ESC-Gewinnerin von 2010, Lena Meyer-Landrut, im Jahr nach ihrem Sieg zur Titelverteidigung antreten werde, könne sie sich aber nicht vorstellen: „Ich denke nicht. Das ist eine einmalige Erfahrung.“

Jubel bei Schmidt und in Schleswig-Holstein

Auch Dänemarks Regierungschefin Helle Thorning Schmidt freute sich über den ESC-Sieg. „Gratulation, Emmelie. Wir freuen uns, im nächsten Jahr in Dänemark den Eurovision Song Contest auszurichten“, schrieb die Ministerpräsidentin im sozialen Netzwerk Facebook.

Und auch die dänische Minderheit in Schleswig-Holstein feierte mit. In Internetforen sei zuvor kräftig für Stimmen zugunsten des dänischen Beitrags geworben worden, sagte der Sprecher des Südschleswigschen Wählerverbandes im Kieler Landtag, Per Dittrich, am Pfingstmontag. „Bei uns schlagen immer zwei Herzen in der Brust – eine Seite gewinnt immer“, sagte er. So habe sich die dänische Minderheit auch über den deutschen Sieg von Lena vor drei Jahren in Oslo gefreut.

Dittrich glaubt nicht, dass das schlechte Abschneiden des diesjährigen deutschen Beitrags „Glorious“ von Cascada politische Gründe habe, wie vom ARD-Unterhaltungskoordinator Thomas Schreiber vermutet. „Das bezweifele ich“, sagte Dittrich. „Das Verhältnis zwischen Deutschland und Dänemark war noch nie so gut.“ Deutschland vergab am Sonnabendabend zehn Punkte für den dänischen Beitrag, die Dänen gaben dagegen nicht einen Punkt für Cascada. Lena leistete sich bei Übermittlung der Punkte noch einen Versprecher: Statt Dänemark sprach die Sängerin die zehn Punkte zunächst Norwegen zu.

Schreiber hatte gesagt: „Es gibt sicher auch eine politische Lage. Ich will nicht sagen „18 Punkte für Angela Merkel“. Aber man muss eben auch sehen, da stand nicht nur Cascada, sondern da stand auch Deutschland auf der Bühne.“

Dänische Sorgen vor der Austragung 2014

Genug Gesprächsthemen bietet das Grand-Prix-Ergebnis auf verschiedenen Ebenen: Ausrichter Dänemark muss sich um einen Austragungsplatz, die Organisation und einen großen Teil der Finanzierung Gedanken machen. In Deutschland dürften wieder Diskussionen um die Vorauswahl der Kandidaten entbrennen. Die ARD hatte sich zuletzt wieder allein um das Spektakel gekümmert. ProSieben-Tausendsassa Stefan Raab, der die vergangenen Jahre kreativ in die Auswahlverfahren eingebunden war, hatte sich 2013 rausgehalten. Er war noch 2010 Wegbereiter für Lenas Triumph.

Derweil kommen auf den Ausrichter des nächsten ESC-Finals, Danmarks Radio (DR), hohe finanzielle Belastungen zu, wie die Generaldirektorin Maria Rørbye Rønn nach der Siegesnacht durchblicken ließ. Ein Reporter ihres eigenen Senders fragte sie, ob denn nun mit vielen Wiederholungen in den Programmen zu rechnen sei, um den Aufwand für das kommende Jahr zu finanzieren, wenn Dänemark den ESC austragen wird. Man werde sich „allergrößte Mühe geben“, so Rønn, damit die eigenen Zuschauer nicht die Zeche zahlen müssen.

Der Sender DR hatte die auch in Dänemark angekommene Finanzkrise jüngst zu spüren bekommen. Entlassungen waren die Folge. Die Erinnerungen an die letzte ESC-Finalrunde, die Dänemark austrug, sind auch gemischt. ARD-Reporter Peter Urban erinnerte schon in der Nacht zum Sonntag nach Emmelie de Forests Sieg mit Schaudern an die Veranstaltung im Jahr 2001 im 38.000 Zuschauer fassenden „Parken“-Stadion. Die DR-Generaldirektorin wollte nicht ausschließen, dass beim nächsten Mal eine Malmö-Lösung mit einer kleinen Halle auch für Dänemark infrage komme.