Früherer Wehrmachtsoldat versetzt Nordjütland in Aufregung: 1944 sei die Ladung eines Güterzugs vergraben worden

Asaa. Ein altes Postgebäude, ein stillgelegter Bahnhof, ein kleiner Yachthafen, ein Campingplatz – und 1168 Einwohner. Asaa an der Ostküste Nordjütlands hat an Abwechslung nicht so recht was zu bieten. Hatte, muss man sagen. Denn in diesen Tagen rücken Scharen von Journalisten aus ganz Dänemark an, Touristen fahren rastlos am Hafen entlang und suchen neugierig den einsamen Strand ab – seit ein 90-jähriger Mann aus Deutschland einer Zeitung erzählte, dass am Strand von Asaa, gleich neben der Marina, ein umfänglicher Schatz der Nazis vergraben sein müsse.

Wilhelm Kraft geht am Stock, aber mit seinen 90 Jahren ist er nun fest entschlossen, diesen Schatz endlich wiederzufinden. „Ich will nicht sterben, ohne darüber zu berichten, was ich weiß“, hat er gesagt. Kraft war Marinesoldat, der im Spätsommer 1944 ins besetzte Dänemark nach Asaa geschickt wurde. „Wir waren 47 junge Männer und wurden in der Schule einquartiert. Jeden Morgen um 10 Uhr wurden wir zum Strand kommandiert. Dann gruben wir bis Sonnenuntergang“, schildert er. „Das ganze Gebiet war stark bewacht, und niemand durfte es verlassen. Die Löcher mussten sehr groß werden, sechs Meter lang und vier Meter tief. Aber nach einem Meter stießen wir schon auf Grundwasser, der Sand wurde zu Lehm. Alles, was wir aufschaufelten, wurde in einem Eimer nach oben gezogen.“

Als die Löcher endlich fertig waren, sei ein Güterzug nach Asaa gekommen. „Es waren drei oder fünf Waggons. Wir durften nicht hin, aber ich sah ganz kurz, wie eine Tür eines Waggons aufging. Darin lagen viele Kisten, einige waren ganz klein, andere riesengroß.“

Wilhelm Kraft wurde zurück an die Front geschickt. Der kurze Aufenthalt in Dänemark war vorbei – aber vergessen konnte er ihn nie. „Ich glaube, dass Edelmetalle in den Kisten waren, irgendwas, was man noch schnell verstecken musste. Geraubtes Gold oder ein anderer Schatz.“ In Dänemark schwanken die Reaktionen zwischen ungläubigem Kopfschütteln und begeisterten Vermutungen darüber, was hier am Strand wohl liegen könnte. Die überregionale Zeitung „B.T.“ träumt sogar davon, dass man hier das legendäre Bernsteinzimmer versteckt haben könnte.

Einige Teile der Geschichte wurden inzwischen von den Einwohnern Asaas bestätigt: Es gab damals wirklich noch einen Bahnhof und Gleise in dem kleinen Ort. Und genau im Spätsommer 1944 wurden deutsche Soldaten hier plötzlich in der Schule einquartiert. Außerdem: Gerüchte über einen vergrabenen Schatz gibt es hier schon seit Kriegsende.

Arne Hjelm ist Leiter des nahen Hafenmuseums und gehörte auch erst zu den Skeptikern: „Erst glaubte ich kein Wort, aber nun hab ich mit Herrn Kraft gesprochen, und er wirkt sehr glaubwürdig.“ Und Hjelm weiß viel über die damalige Zeit und über die vielen Gerüchte, die seit Jahrzehnten kursieren. „Dass die Nazis hier etwas vergraben haben sollen, wurde schon oft gesagt. Einige kamen auch und haben hier und da gegraben – ohne Erfolg.“

Wilhelm Kraft hat sich allerdings auf seine Reise nach Asaa gut vorbereitet. Schon vor einem Jahr hatte er beim lokalen Campingplatz angerufen und gefragt, ob man ihm helfen würde, wenn er nach Dänemark komme. Er bat Campingplatzbesitzer Frank Jensen darum, ihn mit Leuten bekannt zu machen, die damals schon gelebt haben und die Geschichte des Ortes während der Besatzungszeit kannten.

Als er in Asaa eintraf und eine Ferienhütte auf dem Campingplatz mietete, war er gut vorbereitet. Er brachte alle Akten aus seiner Soldatenzeit und Satellitenfotos von Nordjütland mit. Campingplatzbesitzer Frank Jensen erzählt: „Er ist sehr überzeugend, und er sagt heute genau das Gleiche wie vor einem Jahr. Ich bin davon überzeugt, dass er diese Geschichte nicht erfunden hat.“ Jensen freut sich, denn für Pfingsten liegen bereits deutlich mehr Buchungen vor als sonst. Ob alle Gäste Schatzsucher sind, weiß er jedoch nicht.

Auch im nahen Historischen Vensyssel-Museum ist man inzwischen auf Wilhelm Kraft aufmerksam geworden. Museumschefin Sidsel Wahlin: „Es gibt viele Gerüchte hier. Mit einem Metalldetektor könnte man nachschauen, ob dort was liegt. Ich glaube es zwar nicht, aber in dieser Gegend passierten damals viele geheime Dinge. Schließlich testeten die Nazis vor Asaas Küste ihre Ein-Mann-U-Boote. Ich glaube, wenn hier was vergraben wurde, dann hat es eher damit was zu tun.“