Der Amokläufer von Winnenden war wenige Tage vor seiner Bluttat von der Kinder- und Jugendpsychiatrie Weinsberg untersucht worden.

Weinsberg/Winnenden. Der Vater des Amokläufers von Winnenden will gegen das Klinikum in Weinsberg Zivilklage einreichen. Anwalt Erik Silcher sagte, er wolle erreichen, dass die Haftpflichtversicherung der Klinik einen Teil der Schadenersatzforderungen übernehmen muss. Es gehe um 8,8 Millionen Euro. Das Geld solle den Angehörigen der Opfer zugutekommen.

Er gehe davon aus, dass erkennbar gewesen sei, dass Tim K. gefährlich war, sagte Silcher am Montag. Wäre die Familie darauf hingewiesen worden, hätte der Amoklauf möglicherweise verhindert werden können. In der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie im Kreis Heilbronn war der Jugendliche wenige Monate vor der Bluttat untersucht worden. Dort war am Montag keiner der Verantwortlichen für eine Stellungnahme zu erreichen.

Beim Landgericht Heilbronn seien ein Antrag auf Prozesskostenhilfe und ein Klageentwurf eingereicht worden, erklärte der Jurist und bestätigte Berichte des Südwestrundfunks und der „Heilbronner Stimme“. Silcher betonte aber, dass der Kläger das Geld nicht für sich wolle. Wenn er Geld zugesprochen bekomme, solle alles an die Geschädigten weitergereicht werden.

Die Schadenersatzforderungen der Hinterbliebenen und der Stadt Winnenden (Rems-Murr-Kreis) an den Vater von Tim K. belaufen sich inzwischen auf bis zu 18 Millionen Euro. Der Vater könne diese Summe nicht aufbringen, sagte Silcher weiter.

Der Mann habe auch nicht genügend Geld, um die Klage zu finanzieren. Der Anwalt schätzte die Höhe der Kosten auf 200.000 Euro. Deshalb sei auch der Antrag auf Prozesskostenhilfe eingereicht worden. Gleichzeitig habe er die Rechtsschutzversicherung des Vaters vor dem Stuttgarter Landgericht verklagt.

Das „Klinikum am Weissenhof – Zentrum für Psychiatrie Weinsberg“ ist ein akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Heidelberg. Es ist der Aufsicht des Landes Baden-Württemberg unterstellt und bietet psychiatrische-psychotherapeutische und psychosomatische Behandlung und Betreuung psychisch kranker Menschen in der Region Heilbronn.

Tim K. hatte am 11. März 2009 in seiner früheren Realschule in Winnenden und auf der Flucht nach Wendlingen (Kreis Esslingen) 15 Menschen und sich selbst erschossen. Die Tatwaffe hatte sein Vater, ein Sportschütze, zuvor unverschlossen im Schlafzimmer aufbewahrt.

Dafür war er in einem ersten Verfahren wegen fahrlässiger Tötung in 15 Fällen zu einem Jahr und neun Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe kassierte den Schuldspruch aber wegen eines Verfahrensfehlers: Die Verteidigung habe keine Gelegenheit gehabt, eine wichtige Zeugin zu befragen (Az.: 1 StR 359/11). Nun muss sich der Vater zum zweiten Mal vor dem Stuttgarter Landgericht verantworten. Dieser Prozess begann Mitte November (Az. 7 KLs 112 Js 21916/09). Derzeit pausiert das Gericht bis zum 11. Januar. Ob das Verfahren eine spannende Wende nimmt, ist noch offen.