Frühlingsgefühle mit fast 19 Grad zu Weihnachten im Süden Deutschlands, Rekordkälte in Russland. Silvester regnet es

Offenbach/Hamburg. Rekordverdächtig geht das Jahr zu Ende - zumindest beim Wetter in Deutschland und in Russland. Die Weihnachtsfeiertage waren in Deutschland die wärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Der Allzeitrekord für einen Heiligen Abend wurde laut Deutschem Wetterdienst (DWD) mit 18,9 Grad in Freiburg (Baden-Württemberg) gemessen. In München sollen es sogar 20,7 Grad gewesen sein. Da diese Temperatur aber an einer nichtamtlichen Wetterstation gemessen wurde, geht sie nicht in die Archive ein. Den Temperaturrekord an einem 24. Dezember hielten bisher Baden-Baden und das badische Müllheim. Dort wurden im Jahr 1983 jeweils 17,8 Grad erreicht.

Auch in Berlin gab es Weihnachten Rekordwerte. Am ersten Feiertag wurden in der Hauptstadt am ehemaligen Flughafen Tempelhof 12,7 Grad gemessen: der höchste Wert für Berlin seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1876. Randtief "Rita" mit sehr viel warmer Luft trägt die Verantwortung für die Kapriolen.

Und noch einen Rekord gibt es in Deutschland zu verzeichnen. Auf der Station des Deutschen Wetterdienstes, dem Hohen Peißenberg in der Nähe von München, wurden am 24. Dezember die höchsten Temperaturwerte Europas gemessen - abgesehen von Stationen auf Sizilien und in Spanien. 16,8 Grad waren es auf 986 Meter Höhe - so etwas hat es seit mehr als 200 Jahren nicht mehr gegeben.

Rekordwerte auch in Russland. Dort gab es die härtesten Fröste im Dezember seit 50 Jahren. Die Metropolregion Moskau erlebte am 24. Dezember die bislang eisigste Nacht des Jahres. Am kältesten war es mit minus 32,2 Grad im Dorf Tscherusti östlich der Hauptstadt. Seither steigen aber die Temperaturen - und zwar rasant um 20 Grad. Die Behörden warnen jetzt vor glatten Straßen aufgrund von Eisregen. Auch von Dächern herabfallende Eiszapfen sind eine Gefahr. Mediziner rechnen zudem mit einer Grippewelle. Der harte Winter hat in dem Riesenreich bis jetzt mindestens 123 Menschen das Leben gekostet; 1700 Menschen mussten medizinisch versorgt werden. 880 Menschen befinden sich noch in Kliniken. Experten gehen aber von einer deutlich höheren Dunkelziffer aus. Vor allem für Obdachlose stehen kaum warme Orte mit heißer Verpflegung oder Notquartiere bereit. Was für die Ärmsten der Gesellschaft lebensbedrohlich wurde, bedeutete für mehr als 250.000 Grundschüler und Kindergartenkinder Spielen in Eis und Schnee. Sie bekamen kältefrei.

Wegen eines defekten Heizkraftwerkes rief die südsibirische Teilrepublik Tuwa den Notstand aus. Tausende mussten wegen der tagelangen Kälte von unter minus 40 Grad ihre Häuser verlassen. Hubschrauber flogen Frauen und Kinder in die Nachbarstädte. Von dort brachten Helfer Heizkörper und 65 Tonnen Lebensmittel in das Gebiet an der Grenze zur Mongolei. Republikchef Scholban Kara-ool bat die Zentralregierung um zusätzliches Geld für den Bau eines modernen Kesselhauses. Der harte Frost hat auch Folgen für die Landwirtschaft im größten Land der Erde. In fünf Regionen ging bis zu einem Drittel der Wintergetreide-Aussaat verloren.

Zwischen der Wärme in Deutschland und der Kälte in Russland gibt es einen Zusammenhang. "Das russische Kältehoch lag so weit östlich, dass atlantische Tiefdruckgebiete milde Luft nach Mitteleuropa und Deutschland schaufeln konnten. Gleichzeitig sorgt es in Russland aber dafür, dass kalte Luft aus Sibirien einfließen konnte. Durch die Stärke des Hochs dort wurden atlantische Tiefdruckgebiete mit der milden Luft abgehalten, bis nach Russland vorzudringen. Inzwischen hat sich das Hoch so weit nach Osten verlagert, dass auch in Russland die Temperaturen wieder höher sind", sagte Meteorologe Simon Trippler vom Deutschen Wetterdienst am Mittwoch dem Abendblatt. Sind solche Extreme Zufall? "Nein", sagte der Experte, "diese Konstellation gibt es in fast jedem Winter. Etwas außergewöhnlich sind die Temperaturen, die nicht immer so extrem sind."

Nach den warmen Tagen erwartet uns jetzt Schmuddelwetter mit Nässe und Kälte. Im Norden muss ab Freitag auch wieder mit glatten Straßen gerechnet werden. Das Wetter zum Jahreswechsel wird zweigeteilt sein: Der Nordwesten des Landes muss sich auf Regen einstellen, im Südosten der Republik ist es trocken.

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