Menschen treffen sich vor Weihnachten im Vorgarten oder Garten – oft, ohne sich zu kennen. Lustiges Beisammensein – ganz ohne Konsum.

Duisburg. Bei einem „Lebendigen Adventskalender“ gibt es Zeitfenster für Gemeinsamkeit statt Kalenderfächer mit süßer Schokolade. Der Trend im Advent setzt sich in immer mehr Gemeinden und Dörfern in Nordrhein-Westfalen durch: Dabei ziehen Dorfgemeinschaften und Gemeindemitglieder an 24 Abenden von Haus zu Haus und feiern den Advent mit gemeinsamen Liedern, Erzählungen, Geschichten, Gebeten und Segensworten.

Das Prinzip des Adventskalenders ist einfach. Vom 1. bis zum 23. Dezember lädt jeweils ein Gastgeber zum stimmungsvollen Treffen vor seine Haustür oder in seinen Garten ein. Jeder gestaltet die Zusammenkunft nach seinem Geschmack. Und wer teilnimmt – ob bekannt oder unbekannt – ist willkommen.

Auch in der Gemeinde St. Michael in Duisburg-Wanheimerort öffnen sich Abend für Abend Privathäuser und Wohnungen, um abseits des Konsums der Kaufhäuser und Weihnachtsmärkte die Tage vor Weihnachten besinnlich zu begehen. „Das ist eine besondere Gemeinschaft, die da zusammenkommt, zu einer ganz besonderen Zeit im Jahr“, sagt Mechtild Halberl, Mitorganisatorin aus der Gemeinde. „Manchmal reicht auch schon ein Stündchen aus, um gemeinsam den Advent zu feiern.“

Die Treffen werden von verschiedenen Gruppen aus dem Stadtteil vorbereitet. Mal ist die Feuerwehr dran, mal die Chorgemeinschaft oder das Seniorenstift. An einem Abend gehen die Gläubigen auch zu einem Häuschen in einem Schrebergarten – Ruhrpott-Romantik inklusive.

„Lebendige Adventskalender“ gehen auf eine Idee aus dem Jahr 1995 zurück und entstanden aus vielen kleinen Initiativen. Das sagt Matthias Hiller aus Vaihingen bei Stuttgart. Er ist Mitglied eines Vereins, der sich diesem neuen Adventsbrauch verschrieben hat. Es gibt keine Dachorganisation, keine Kirche hat den „Lebendigen Adventskalender“ zu ihrem Programm gemacht. Die Idee verbreitete sich in kürzester Zeit im gesamten deutschen Sprachraum. Jedes Jahr werden es mehr Gruppen.

Zum Erfolgsrezept gehört auch der schlichte Rahmen. Die Abende spielen sich unter freiem Himmel ab, sind zeitlich begrenzt und die Verköstigung ist bescheiden. Ein „Fenster“ dieses virtuellen Kalenders kann jeder anbieten, finden die Organisatoren in Duisburg-Wanheimerort. Kindergärten oder Schulen machen oft mit. Evangelisch, katholisch, freikirchlich, das spielt beim lebendigen Adventskalender keine Rolle. Unerwartet oft sind auch Menschen dabei, die keiner Kirche angehören, sagt Hiller. „Wer kommt, stellt sich einfach dazu. Wer mitsingen will, singt mit. Wer reden will, bleibt noch eine Weile.“

Mehr als 2000 dieser Aktionen gibt es bundesweit laut Hiller in diesem Jahr schon. Auch in Ostwestfalen hat sich der Brauch schnell verbreitet. In Lage im Kreis Lippe treffen sich die Gläubigen jeden Abend im Advent. „Der Treff gibt der Adventszeit eine eigene Prägung, die aus unserem Gemeindeleben nicht mehr wegzudenken ist“, sagt Pastorin Nicole Bernardy von der evangelisch-methodistischen Kirche in Lage. „Es treffen sich ganz unterschiedliche Leute, es ist erstaunlich, wer einlädt und wer sich einladen lässt.“ Das Angebot erfülle das Bedürfnis vieler Menschen nach Ruhe und Spiritualität.