Der Tatverdächtige soll eine Woche lang mit der Französin unterwegs gewesen sein. Offenbar war die Jugendliche ein Zufallsopfer.

Paris/Offenburg (dapd). Die nach einwöchiger Odyssee in einem Auto in Offenburg entdeckte 15-jährige Französin Chloé ist möglicherweise vergewaltigt worden. Die Staatsanwaltschaft der südfranzösischen Stadt Nîmes teilte am Montag mit, dass gegen den mutmaßlichen Entführer eine richterliche Voruntersuchung wegen Vergewaltigung eingeleitet worden sei. Der 32-Jährige könne bald nach Frankreich ausgeliefert werden, sagte Staatsanwalt Robert Gelli. Laut deutscher Staatsanwaltschaft ist die Jugendliche ein Zufallsopfer geworden.

Der Tatverdächtige sitzt seit seiner Festnahme in Offenburg in Untersuchungshaft. Eine Auslieferung werde geprüft, sagte der Leiter der Staatsanwaltschaft Offenburg, Herwig Schäfer, am Montag. Auf die Frage, ob die Schülerin vergewaltigt wurde, wollte sich Schäfer aus Rücksicht auf das Opfer und mit Hinweis auf die laufenden Ermittlungen in Frankreich nicht äußern.

Voruntersuchungen laufen gegen den Tatverdächtigen in Frankreich bereits wegen Entführung und Freiheitsberaubung. Über die Befragung von Chloé aus der südfranzösischen Ortschaft Barjac, die am 9. November nach dem Besuch bei einer Freundin verschwunden war, wollte Gelli nichts sagen.

Das Opfer wies Fesselspuren auf

Beamte des Polizeipostens Oppenau hatten den Mann am vergangenen Freitag nach einer Verfolgungsfahrt festgenommen und aus dem Kofferraum des Fluchtwagens das 15-jährige Entführungsopfer befreit. Laut eines Polizeisprechers hatte der Mann die Polizisten darauf hingewiesen, dass sich eine Person in dem Kofferraum befindet.

Laut Ermittlungsbehörden wies die Jugendliche Fesselspuren auf, zum Zeitpunkt ihres Auffindens war sie aber nicht gefesselt. Die Behörden gehen davon aus, dass der Tatverdächtige das Mädchen zeitweise gefesselt hat. Geprüft wird auch, ob der Mann mit der 15-Jährigen in Italien war. Bei den Grenzübertritten soll das Mädchen neben dem mutmaßlichen Entführer im Auto gesessen haben.

Laut Polizei war der Mann in einem geklauten Auto unterwegs, als er am 9. November auf die Jugendliche traf. Es sei ein zufälliges Zusammentreffen gewesen, sagte ein Polizeisprecher. Opfer und mutmaßlicher Täter hätten sich nicht gekannt. Der Mann habe das Mädchen gesehen und es sei zu der Entführung gekommen. Die Polizei prüft nun, wo der Tatverdächtige mit Chloé überall hingefahren ist.

Täter nach Verfolgungsjagd gestellt

Auf die Spur kam die Polizei dem Mann, als er am Freitagvormittag an der Schwarzwaldhochstraße einen Pkw aufbrach. Aus dem Auto stahl er ein Notebook, bemerkte aber, dass der Besitzer des Wagens ihn dabei gesehen hatte. Deshalb raste er in seinem Auto davon. Der Zeuge alarmierte die Polizei.

Die Beamten leiteten eine Sofortfahndung ein, eine Streife entdeckte das Fahrzeug wenig später bei Oppenau-Löcherberg. Die Beamten nahmen die Verfolgung auf. Bei seiner Flucht prallte der Franzose mit seinem Wagen gegen ein anderes Auto und verletzte den Fahrer schwer. Danach floh er zu Fuß weiter, konnte aber nach kurzer Verfolgungsjagd gefasst werden.

Als die Polizisten zur Unfallstelle zurückkehrten, entdeckten sie im Kofferraum die eine Woche lang vermisste Jugendliche. Das zierliche Mädchen war am 9. November mit dem Motorroller von einer Freundin weggefahren und nicht zu Hause angekommen. Die Eltern alarmierten noch am selben Abend die Polizei.

Franzosen schicken Dankes-E-Mails an deutsche Polizei

Nach seiner Befreiung konnte das Mädchen noch in der Nacht zum Sonnabend in Straßburg an die Eltern übergeben werden. Mutter und Vater waren aus Südfrankreich angereist und schlossen ihre Tochter nach Tagen bangen Wartens wieder in die Arme.

Mit der Festnahme des 32-Jährigen und der Befreiung aus dem Kofferraum sei für die Jugendliche ein Albtraum zu Ende gegangen, sagte Staatsanwalt Schäfer. Der Leiter der Polizeidirektion Offenburg, Reinhard Renter, führte an, es seien eine ganze Reihe von E-Mails eingegangen, in denen sich französische Bürger bei der Polizei in Offenburg für die Befreiung des Entführungsopfers bedankten.