Jahrelang sollen amerikanische Pfadfinder von ihren Betreuern missbraucht worden sein. Jetzt wurden neue Details bekannt.

Portland/San Francisco. Missbrauchskandal bei den amerikanischen Pfadfindern: Auf Druck von Anwälten und Gerichten sind am Donnerstag vertrauliche Akten über Vorwürfe sexuellen Missbrauchs bei der Organisation „Boy Scouts“ veröffentlicht worden. „Die Geheimnisse sind raus“, sagte US-Anwalt Kelly Clark. Seinen Angaben zufolge hatte die Jugendorganisation Tausende Vorwürfe von Belästigungen und Kindesmissbrauch über Jahre in ihren Akten dokumentiert, sich aber ursprünglich gegen deren Freigabe gewehrt. Clark vertritt über 100 inzwischen erwachsene Männer, die einst den Pfadfindern angehörten und ihren Betreuern Missbrauch vorwerfen.

Mit Erlaubnis des Obersten Gerichts im US-Staat Oregon hatten die Anwälte der Opfer die Dokumente offengelegt. Darin seien mehr als tausend Betreuer und Helfer aufgeführt, die in den Jahren 1965 bis 1985 wegen entsprechender Vorwürfe von der Gruppe ausgeschlossen worden waren.

„Boy-Scouts“-Chef Wayne Perry räumte in einer Mitteilung ein, dass Missbrauch vorgekommen sei und dass der Verband „in gewissen Fällen“ nicht entsprechend reagiert und die Kinder beschützt habe. Inzwischen habe die Organisation aber drastische Maßnahmen eingeführt, um Pfadfinder vor Übergriffen zu schützen.

Die „New York Times“ zitierte aus dem Brief eines verzweifelten Vaters in der Aktensammlung, der sich 1981 bei dem Verband über einen Betreuer beklagte, der seinen Sohn belästigt hatte. Man hätte ihm zwar versprochen, dass der Mann von den „Boy Scouts“ ausgeschlossen werden würde, doch er habe den Täter bei weiteren Pfadfinder-Veranstaltungen mit Kindern gesehen.

2010 hatte Clark mit einer Klage gegen die „Boy Scouts“ vor einem Gericht in Portland (Oregon) eine Millionenentschädigung für einen ehemaligen Pfadfinder erwirkt. Das Opfer war im Alter von elf Jahren von seinem Betreuer sexuell missbraucht worden. Die Anwälte argumentierten damals, dass die Organisation von den Übergriffen wusste. Der Mann sei zwar als Betreuer abgesetzt worden, habe jedoch als freiwilliger Helfer bei den „Boy Scouts“ bleiben dürfen.