Grüne Leber und Schimmel: Bei der Metzgereikette Vinzenzmurr stellten Lebensmittelprüfer erhebliche Hygienemängel fest.

München. Grüne Leber, muffiger Braten – und Rattenkot unter der Wursttheke: Monate nach der Razzia von Lebensmittelprüfern bei der Münchner Großmetzgerei Vinzenzmurr ist das Ausmaß der Hygieneprobleme ans Licht gekommen. Das Unternehmen bedauerte die Verstöße am Donnerstag. Die Stadt München bestätigte, dass inzwischen saubere Verhältnisse bei Vinzenzmurr herrschen.

Die groben Hygienemängel sind in einem Beschluss des Verwaltungsgerichts München dokumentiert, der im Justizportal der bayerischen Staatsregierung einsehbar ist. Das Papier liest sich wie ein Sündenregister; über die Zustände in einer Filiale heißt es zum Beispiel: „Der Fußboden war unter der Fleisch- und Wursttheke zum Teil millimeterhoch mit dunklen Belägen, Unrat, Lebensmittelresten, Spinnweben und Rattenkot verunreinigt.“

Beanstandet wurden mehrere eingelagerte Fleischvorräte, etwa Leber, „die stellenweise deutlich grünlich verfärbt war, alt, faulig und deutlich ranzig roch sowie faulig schmeckte“. Die Prüfer fanden ferner Schinkenwürfel, „die stechend, süßlich, ammoniakalisch und verdorben rochen sowie ammoniakalisch schmeckten“. Die Rede ist auch von muffigen Bratenstücken und beige-bräunlich verfärbter Lammhüfte.

Auch in einem Kühlhaus wurden erhebliche Hygieneverstöße festgestellt. „Die Türe war mit einem schwarzen, schimmelähnlichen Belag verunreinigt“, heißt es in dem Dokument. Und weiter: „Die Rohrleitungen waren mit alten Lebensmittelresten verschmutzt.“

Die Kontrolleure hatten Ende März 2011 die Firmenzentrale und etwa zwei Dutzend Filialen von Vinzenzmurr inspiziert. Die Stadt München verhängte anschließend gegen 29 Filial- und Betriebsleiter des Unternehmens Bußgelder bis zu 4.800 Euro.

Vinzenzmurr versuchte auf juristischem Weg, der Stadt München eine Information der Öffentlichkeit zu untersagen, verlor den Rechtsstreit aber vor dem Verwaltungsgericht. Über die im nun veröffentlichten Gerichtsbeschluss aufgelisteten Hygieneprobleme berichtete zuerst die „Süddeutsche Zeitung“ (Donnerstagausgabe).

Die Großmetzgerei, die auf ihrer Homepage mit der „Frische“ und „Qualität“ ihrer Produkte wirbt, räumte nach der Entscheidung Verstöße einzelner Mitarbeiter ein und akzeptierte die Bußgeldbescheide. Am Donnerstag teilte die Geschäftsführung mit: „Vinzenzmurr bedauert die Fälle aus der Vergangenheit außerordentlich.“ Unstrittig sei aber, dass die im Verkauf befindlichen Lebensmittel stets sicher gewesen seien.

Das Münchner Kreisverwaltungsreferat bestätigt, dass „zu keinem Zeitpunkt eine Gesundheitsgefahr für die Verbraucher bestand“. Das sagte Behördenleiter Wilfried Blume-Beyerle der Nachrichtenagentur dapd. Die für den menschlichen Verzehr ungeeigneten Waren seien nicht in Umlauf gekommen.

Blume-Beyerle betonte zudem, dass das Unternehmen „dazugelernt“ habe. Seit der Razzia im Frühjahr 2011 habe es mehr als 200 weitere Kontrollen bei Vinzenzmurr gegeben – ohne „wesentliche Beanstandungen“. Das Qualitätsmanagement sei etwa durch die Einstellung von Fachpersonal erheblich verbessert worden.

Vinzenzmurr ist die mit Abstand größte Münchner Metzgerei mit mehr als 100 Filialen im Stadtgebiet. Außerhalb Münchens, vor allem in Südbayern, sind es nochmals mehr als 170 Filialen. Damit gehört das Familienunternehmen auch bundesweit zu den Branchengrößen.

Zuletzt waren in Bayern häufiger Hygieneprobleme bei Großbäckereien bekanntgeworden. Der prominenteste Fall ist Müller-Brot: Das Unternehmen war infolge eines Hygieneskandals pleitegegangen.

Gegen faule Lebensmittel und unhygienische Zustände in Lebensmittelbetrieben hilft aus Sicht der Grünen-Fraktion nur echte Transparenz. Die Kontrollergebnisse müssten deshalb künftig wie in Dänemark an der Ladentür veröffentlicht werden, forderte die Abgeordnete Anne Franke.

Die Verbraucherorganisation Foodwatch erklärte, statt den Bürgern Lebensmittel aus Ekelproduktion zuzumuten, müsse Bayern jetzt dafür sorgen, dass künftig alle amtlichen Kontrollergebnisse veröffentlicht werden: im Internet und an jeder Ladentür.