Millionen Menschen weltweit fesselte der Sprung des Österreichers Felix Baumgartner. Doch ein Raumfahrtexperte warnt vor Nachahmung.

Roswell. Mutter Eva Baumgartner, 61, wusste, dass alles gut gehen würde: "Felix ist ein Sonntagskind, es klappt mit dem Sprung." Die Österreicherin sollte recht behalten, denn ihrem Sohn gelang, was vor ihm noch niemand geschafft hatte. Er durchbrach mit einer Höchstgeschwindigkeit von 1342,8 Kilometern in der Stunde als erster Mensch ohne Flugzeug die Schallmauer. Brian Utley, der für die Federation Aeronautique International Rekorde in der Luftfahrt aufzeichnet, bestätigt: Felix Baumgartner, 34, war rund 365 Kilometer in der Stunde schneller als der Schall. Weitere Superlative runden seinen Erfolg ab: Es sind der höchste bemannte Ballonflug (rund 39 Kilometer) und der höchste Fallschirmsprung.

Am Tag nach der sicheren Landung im US-Staat New Mexiko erreichten Baumgartner gestern Glückwünsche aus aller Welt. Die Liste der Gratulanten reicht vom Ex-Gouverneur von Kaliforniern (und gebürtigen Österreicher), Arnold Schwarzenegger, über den österreichischen Bundespräsidenten Heinz Fischer bis zur Europäischen Raumfahrtagentur (ESA). "Gratulation an Felix Baumgartner für eine herausragende, inspirierende Leistung", schrieb Actionstar Schwarzenegger auf Twitter. "Österreich ist stolz auf Ihre Leistung!", lobte Fischer auf seiner Facebook-Seite. Die ESA twitterte: "Sicher gelandet! Glückwunsch auch von uns an Felix Baumgartner, einen sehr, sehr mutigen Fallschirmspringer!"

Deutscher Experte warnt vor Nachahmung

Kritik kam allerdings vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Es warnte vor leichtfertiger Nachahmung des Rekordsprungs. "Das alles war fünf Jahre lang perfekt geplant und wurde dann präzise durchgeführt", sagte Martin Trammer vom Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin. "Die Risiken waren dennoch sehr hoch. Schon geringste Fehler hätten verheerende Auswirkungen haben können." Dazu habe etwa der Ausfall technischer Systeme gehört. "Wenn zum Beispiel der Druck in der Kapsel beziehungsweise dem Anzug mit dem richtigen Sauerstoffanteil nicht funktioniert hätte, dann hätte Baumgartner innerhalb weniger Sekunden sterben können", sagte Mediziner Trammer. Unklar sei auch gewesen, was beim Durchbrechen der Schallmauer passiert. Fatale Folgen aber hätte auch unkontrolliertes Trudeln haben können. "Wenn das Blut mit Zentrifugalkraft in Kopf oder Füße schießt, dann wäre das wie ein Herzstillstand gewesen. Das sieht alles immer so harmlos aus, wenn es zum Schluss geklappt hat." Trotz aller Bewunderung über die Rekordleistung hat der Flug die Wissenschaft nach den Worten Trammers "keinen großen Schritt weitergebracht".

Doch für Baumgartner ist und bleibt es der Sprung seines Lebens. "Wenn man da oben steht, wird man demütig. Du denkst nicht mehr daran, Rekorde zu brechen, du denkst nicht mehr daran, wissenschaftliche Daten zu sammeln." Der Salzburger kommt ins Philosophieren, als er sagt: "Manchmal müssen wir wirklich hoch hinaus, um zu sehen, wie klein wir sind." Der frühere Fallschirmspringer wird jetzt einige Wochen in den USA bleiben, um dort in Talkshows von seinen Erfahrungen zu berichten.

Sponsor Red Bull freut sich über PR-Erfolg

Für den Sponsor Red Bull ist das Spektakel, das weltweit Millionen Menschen im Internet und am Fernseher live verfolgten, schon jetzt ein lohnendes Geschäft. Bei den Marketingstrategen des österreichischen Unternehmens, das das gleichnamige koffeinhaltige Erfrischungsgetränk herstellt, dürften die Sektkorken geknallt haben. Das Ereignis hat einen Werbewert, der die Kosten von rund 50 Millionen Euro um ein Zigfaches übersteigt. Eine PR-Aktion in dieser Größenordnung und mit dieser Reichweite habe es bisher noch nie gegeben, sagt Marketingexperte Claus Ebster von der Universität Wien: "Das hat kurzfristig einen sehr hohen Werbewert." Langfristig komme es darauf an, was der Salzburger Weltkonzern jetzt mache. "Der Sprung alleine reicht nicht." Doch auch dafür sind bereits Vorbereitungen getroffen: Man werde in den kommenden Tagen selbst stückchenweise weitere Details zu Baumgartner und seinem Sprung bekannt geben, sagte gestern ein Unternehmenssprecher. Dem Sender n-tv hat der waghalsige Sprung eine 20-fach höhere Einschaltquote beschert: Rund 7,1, Millionen Zuschauer sahen am Sonntagabend zu, als Baumgartner 20.07 Uhr mit einem speziellen Druckanzug aus der Kapsel sprang und neun Minuten später sicher landete. Auf YouTube verfolgten acht Millionen Menschen live das Ereignis.

Einen Rekord konnte der "Furchtlose Felix" nicht brechen - vermutlich aus Respekt vor seinem Mentor. Da er seinen Fallschirm zu früh öffnete, bleibt die Ehre des längsten freien Falls bei Joe Kittinger, 84. Der Amerikaner hatte ihn vor mehr als 50 Jahren aufgestellt und nun Baumgartner über Funk bei seiner Mission begleitet.