Im freien Fall aus 39 Kilometer Höhe: Österreichischer Extremsportler Felix Baumgartner durchbricht als erster Mensch die Schallmauer.

Wien/Roswell. Er blickt vom Rande des Weltalls noch einmal auf die Erde, dann steigt er aus seiner Kapsel, salutiert und stürzt sich nur von Helm und einem speziellen Druckanzug geschützt in die Tiefe. Kaum zehn Minuten später atmen alle erleichtert auf: Weltrekord geglückt! Felix Baumgartner ist nach seinem waghalsigen und lebensgefährlichen Sprung aus 39 Kilometer Höhe am Sonntag um 20.16 Uhr MESZ wieder sicher auf der Erde im US-Staat New Mexico gelandet. Der Extremsportler hat als erster Mensch im freien Fall die Schallmauer durchbrochen. Nach ersten offiziellen Messungen erreichte er eine Höchstgeschwindigkeit von 1342,8 Kilomtern pro Stunde (1,24 Mach). Damit war Baumgartner rund 265 km/h schneller als der Schall.

Nach der Landung reißt der 43-Jährige die Arme in die Höhe. „Mir sind gerade 20 Tonnen Last von den Schultern gefallen”, sagt Baumgartner in einer ersten Reaktion. Jubel auch im Kontrollzentrum in Roswell, wo sich der bisherige Rekordinhaber, der 83-jährige Joe Kittinger, und die Familie des Salzburgers in die Arme fallen. Baumgartners Mutter Eva weint Freudentränen. Kittinger hatte Baumgartner per Funk Anweisungen beim Aufstieg und vor dem Absprung gegeben.

„Habe geglaubt, ich verliere das Bewusstsein”

Gut zweieinhalb Stunden zuvor war Baumgartner in einer Spezialkapsel an einem riesigen Heliumballon bis zur Stratosphäre geflogen. Kein Mensch zuvor stieg je mit einem Ballon in eine solche Höhe auf. Dann folgten dramatische Szenen wie aus einem Hollywood-Actionfilm: Im freien Fall war der Extremsportler kurzzeitig gefährlich ins Trudeln geraten, wie die Live-Übertragung der Infrarotkamera zeigte. Eine lebensgefährliche Situation. "Ein paar Sekunden habe ich geglaubt, ich verliere das Bewusstsein", so Baumgartner. "Ich habe versucht auszugleichen, aber ich war immer eine halbe Sekunde zu spät dran." Schließlich gelang es ihm, sich zu stabilisieren. Dafür zog er aber etwas früher als geplant, nach vier Minuten und 18 Sekunden, seinen Fallschirm. Baumgartner landete sicher und unverletzt in der Wüste, wo seine aufgelöste Freundin ihren tollkühnen Flieger mit einem Kuss belohnte. "Ich habe absolut keine Ahnung, ob ich Überschall geflogen bin, und wenn, zu welchem Zeitpunkt", sagte Baumgartner nach der Landung. Insgesamt sei die ganze Aktion deutlich härter gewesen als angenommen.

Nach ersten Berechnungen befand sich Baumgartner 36,5 Kilometer im freien Fall und hat nach 40 Sekunden die Schallgeschwindigkeit überschritten. Dann bremste die dichter werdende Luft den Sturz ab. Zusätzlich stellte er zwei Rekorde auf: den höchsten bemannten Ballonflug und den höchsten Fallschirmsprung. Da er seinen Schirm zu früh öffnete, bleibt der Rekord des längsten freien Falls bei seinem Mentor Kittinger mit 4:36 Minuten. Der Ex-US-Soldat hatte ihn 1960 aufgestellt.

Die Kosten des Projekts liegen bei vermutlich rund 50 Millionen Euro. Sponsor Red Bull äußert sich dazu nicht offiziell. Aber allein die Werbewirkung des in alle Welt übertragenen Spektakels wird von Experten auf Hunderte Millionen Euro geschätzt.

Baumgartner Top-Thema im Internet

Im Vorfeld wurde immer wieder betont, dass man mit dem Projekt wichtige wissenschaftliche Erkenntnisse für die Raumfahrt gewinnen wolle. Der Nutzen ist aber unter Experten umstritten. Sponsor Red Bull hat mit dem von weltweit Millionen Menschen verfolgten Spektakel einen Werbewert erzielt, der die vermuteten Kosten von rund 50 Millionen Euro um ein zigfaches übersteigt. In Sozialen Netzwerken war der Stratosphäre-Sprung stundenlang Topthema.

„Ich gratuliere Felix Baumgartner herzlich zum großartigen Erfolg, der mit Mut und Beharrlichkeit erreicht wurde und weltweite Aufmerksamkeit findet. Österreich ist stolz auf Ihre Leistung!“, lobte Österreichs Bundespräsident Heinz Fischer auf seiner Facebook-Seite. Die Europäische Weltraumorganisation ESA gratulierte via Twitter: „Sicher gelandet! Glückwunsch auch von uns an Felix Baumgartner, einen sehr, sehr mutigen Fallschirmspringer!“

Baumgartner hat sich in der Vergangenheit durch zahlreiche spektakuläre Aktionen einen Namen als Extremsportler gemacht. 2003 gewann er mit Carbon-Flügeln ein Wettrennen gegen ein Flugzeug. 2007 sprang er vom Wolkenkratzer Taipei 101.

Mit Material von dpa