Zunächst glaubte Marco an eine Verwechslung. Doch der Albtraum endete erst nach 247 Tagen.

Köln. Die 247 Tage in türkischer Haft sind vorbei - der Albtraum hat ein Ende. Marco W. (17) aus Uelzen ist wieder in Deutschland. Nach Hause wollte er noch nicht.

"Es war eine sehr schwere Zeit. Ich brauche jetzt erst einmal sehr viel Ruhe", sagte der Schüler gestern Abend dem Fernsehsender RTL. Dieser schirmt Marco und seine Familie nach der Rückkehr ab. Am Sonnabend waren der Junge und sein Vater in Nürnberg mit einem Privatjet gelandet. In seiner ersten öffentlichen Stellungnahme hatte sich Marco für die Hilfe aus der deutschen Bevölkerung bedankt. "Ich möchte mich bei all den Leuten bedanken, die mich sehr, sehr viel unterstützt haben, mit Briefen, mit Faxen - all das hat mir sehr viel Kraft gegeben." Ruhig und gefasst erklärte er: "Ich bin überglücklich, dass ich mit meiner Familie wieder zusammen bin, mit meiner Mutter und meinem Vater, und dass ich mit meiner Familie Weihnachten feiern kann und ins neue Jahr gut komme." Zu der Anschuldigung und den Haftbedingungen äußerte sich Marco auf Anraten seines Anwalts nicht. Allerdings ging aus seinen Aussagen hervor, dass er den Vorwurf, die Britin Charlotte (13) missbraucht zu haben, weiterhin bestreitet. Nach seiner Festnahme und der Konfrontation mit den Anschuldigungen, seien er und seine Eltern zunächst von einer Verwechslung ausgegangen, berichtete Marco. Auf dem Weg ins Gefängnis habe er sich gefragt: "Was ist los?" Er habe geglaubt, "das wird sich alles aufklären". Doch schon am Abend wurde dem 17-Jährigen der Ernst der Lage klar und dass die Rückkehr in die Heimat dauern werde. "Wir dachten, dass es irgendwann in der Nacht oder am nächsten Tag geht. Aber das hat sich ja ein bisschen länger verschoben."

Marco befindet sich derzeit an einem geheim gehaltenen Ort. "Ich bin, glaube ich, immer noch genauso wie vorher, aber habe sehr viele Sachen neu hinzugelernt." Vor seiner Verhaftung sei er "ein ganz normaler deutscher Junge" gewesen. "Ich war mit der Schule noch nicht fertig, wollte den Abschluss machen, dann bin ich in die Türkei in den Urlaub gekommen . . . Das sollte noch einmal ein Entspannungsurlaub werden, bevor das große Lernen anfängt und der Abschluss in der Tasche ist . . . Danach wollte ich auf die Fachoberschule gehen und wollte später dann auch in einen Technikberuf gehen, vielleicht irgendetwas in Richtung Energietechnik."

Zu seinem Gefängnisaufenthalt sagte der Schüler: "Man kann sich ja ein bisschen die Zeit vertreiben mit Sport, mit Fernsehen." Ein türkisches Strafgericht hatte Marco am Freitag auf freien Fuß gesetzt. Der Prozess soll am 1. April fortgesetzt werden.