Nach dem Verhör durch den Geheimdienst in Moskau sind die russischen Seeleute des finnischen Frachters „Arctic Sea“ freigelassen worden.

Moskau. Im mysteriösen Fall um den finnischen Frachter „Arctic Sea“ sind die russischen Seeleute des Schiffs nach rund zweiwöchigem Verhör durch den Geheimdienst in Moskau freigelassen worden. Die Männer seien am Bahnhof der Stadt Archangelsk von ihren Angehörigen in Empfang genommen worden, meldete die Agentur Interfax am Sonntag. Die russische Justiz geht davon aus, dass die „Arctic Sea“ im Juli von acht mittlerweile verhafteten „Piraten“ in der Ostsee gekapert wurde. Nach ihrer Befreiung wurden die Seeleute vom Geheimdienst festgehalten, um eine mögliche Komplizenschaft mit den Entführern zu klären. Nach Einschätzung von Militärexperten könnte der angeblich mit Holz beladene Frachter Waffen geschmuggelt haben.

Einer der Seeleute sagte am Sonntag, er und seine Kollegen sich bei den Vernehmungen durch den Geheimdienst „nicht besonders wohl“ gefühlt. „Was die Entführung des Schiffs betrifft, haben wir sofort verstanden, dass es sich um Piraten handelt“, sagte ein anderer der Seemänner. Weitere Einzelheiten teilten sie nicht mit.

Unklar war zunächst, ob bereits alle Seeleute freigelassen wurden. Während der russische Marineexperte Michail Wojtenko von „allen elf“ Besatzungsmitgliedern sprach, nannte das Internetportal Life.ru lediglich neun. Die Angehörigen hatten die russischen Behörden scharf kritisiert, weil sie in den vergangenen Wochen keinerlei Kontakt mit den Seeleuten aufnehmen konnten.

Der Kapitän sowie drei weitere Seemänner befinden sich auch weiter an Bord des Schiffs, das die russische Kriegsmarine derzeit von Westafrika aus in den Schwarzmeerhafen Noworossijsk schleppt. Dort soll die „Arctic Sea“ auf mögliche Schmuggelfracht durchsucht werden. Gegen die mutmaßlichen Entführer des lange verschollen geglaubten Schiffs wurde mittlerweile in Moskau Anklage erhoben. Den überwiegend estnischen Verdächtigen im Alter zwischen 29 und 45 Jahren drohen 20 Jahre Haft. Sie beteuern ihre Unschuld und erklären, als Umweltschützer am 24. Juli in Seenot in schwedischen Hoheitsgewässern von der „Arctic Sea“ gerettet worden zu sein.

Nach Informationen von Wojtenko soll das Schiff nicht direkt nach Noworossijsk geschleppt werden, sondern zuvor noch einen anderen Hafen anlaufen. Nach Angaben der russischen Presse könnte dies Algerien sein, da das Holz ursprünglich für dieses Land bestimmt gewesen sei. Eine Bestätigung gab es nicht. Laut Medien liegt der Frachter extrem tief im Wasser. Analysen zufolge sei er damit deutlich schwerer als üblich bei der angegebenen Holzfracht, hieß es. Militärexperten vermuten, an Bord könnten Marschflugkörper aus sowjetischer Produktion geschmuggelt worden sein. (dpa)