Morgen erscheint “Karl“ - die Biografie des “Bunte“-Kolumnisten Paul Sahner über den Modezaren. Ein Gespräch.

Hamburg. "Ich finde, er ist einer der größten Deutschen weltweit. Ein internationaler Superstar." Mit diesen Worten beschreibt Paul Sahner (65) den Modezaren Karl Lagerfeld. Kein Journalist ist dem Designer mit dem charakteristischen Zopf und Stehkragen bisher so nahe gekommen wie der "Bunte"-Kolumnist. Die Gespräche, die teilweise bis spät in die Nacht geführt wurden, waren dabei nicht immer einfach. In einem Interview mit der Tageszeitung "Die Welt" erklärte Sahner die Herausforderung: "Ich sehe den Leuten lieber in die Augen. Das ist ein Tick von mir. Bei Lagerfeld ist das allerdings schwierig. Wegen der Sonnenbrille, die zunächst wie ein Schutzwall wirkt." Trotzdem ist es dem Biografen gelungen, hinter die Fassade des exzentrischen Modeschöpfers zu blicken. 15 Jahre lang begleitete er Lagerfeld, die Gespräche und Recherchen zeichnen nun auf 450 Seiten ein umfassendes Bild des "Gesamtkunstwerks", als das sich Lagerfeld laut Sahner sieht.

"Karl ist von einer unglaublichen Selbstverliebtheit, die ihn aber auch authentisch macht. Er berauscht sich an sich selbst." Andere Drogen bräuchte der Narziss daher gar nicht. Mal abgesehen vielleicht von dem Publikum, das er mit seinen öffentlichen Auftritten immer wieder provoziert. Ob durch verbale Attacken auf Heidi Klum (36) oder mit einer Crash-Diät, bei der er vor einigen Jahren 40 Kilogramm abnahm: Karl Lagerfeld unterhält und erfindet sich dabei immer wieder neu.

Sahner ist sich sicher, dass man den Modeschöpfer auf eine Bühne oder ins Fernsehen stellen und einfach nur reden lassen könnte. Der Selbstdarsteller würde eine Show auf hohem Niveau bieten. "Er hat ein unfassbares Allgemeinwissen, er besitzt bestimmt 400 000 Bücher." Unterhaltungen mit dem Modezar werden daher nie langweilig, aus seinem Mund kommt laut Sahner "viel Spannendes". In Gesprächen "kann er absolute Nähe aufbauen. Das genießt er." In der detaillierten und liebevoll gestalteten Biografie wird allerdings auch deutlich, dass der Modeschöpfer, trotz aller Offenheit, gern Distanz wahrt. Zwar hat er ständig eine Vielzahl von Leuten um sich, "aber er ist schon ein Einzelgänger. Es gibt vielleicht nur eine Handvoll Menschen, die ihn duzen." Dass Sahner zu diesem engen Kreis gehört, merkt man dem Buch "Karl" an. Der Autor weiß beispielsweise von den schmalen Betten zu berichten, die Lagerfeld bevorzugt, und sieht darin die Abneigung des Maestros gegen körperliche Nähe. "Ich habe ihn gefragt, wie man da zu zweit schlafen kann, und er sagte, dass er es hasst, überhaupt mit einem Menschen in einem Bett zu übernachten."

Die erste Schlafstätte von Karl Otto Lagerfeld, wie er mit bürgerlichem Namen heißt, stand in Hamburg. Dort wurde er als Sohn eines Fabrikanten geboren. Über das Datum gehen die Angaben jedoch auseinander. Nach Schätzungen, die sich unter anderem auf ehemalige Schulkameraden Lagerfelds stützen und die auch Sahner als Tatsache annimmt, ist der Designer 76 Jahre alt. Dieser empfindet sich allerdings als deutlich jünger und beharrt bei entsprechenden Fragen auf einem Alter von 70 Jahren. Trotz dieser Geheimniskrämerei hat der Modezar nach Ansicht seines Biografen keine Angst vor dem Alter. "Er hat Angst vor dem Dahinsiechen." Dagegen arbeite der leidenschaftliche Fotograf allerdings mit harter Disziplin an. "Er steht um fünf auf, macht Gymnastik und arbeitet spätestens ab acht. Er ist ein Arbeitstier." Die Ergebnisse dieser verbissenen Selbstbeherrschung und Strukturierung des Alltages scheinen sich zusätzlich auf das ohnehin positive Selbstempfinden Lagerfelds auszuwirken. Sahner ist sich sicher: "Jetzt findet er sich richtig schön. Er findet sich attraktiv, er findet sich appetitlich."

Und obwohl vielleicht nicht in Bezug auf ihn, so gilt Lagerfelds Urteil über Schönheit als wegweisend. Seit Jahrzehnten revolutioniert er mit seinen Visionen die Modewelt. Als Aushängeschild von Chanel begeistert er die betuchten und berühmten Frauen dieser Welt mit seinen geschmackvollen und zeitlosen Kreationen.