Er ist unser Wappenvogel, und dennoch wird der Seeadler in Deutschland systematisch vergiftet.

Berlin. "Jeder vierte Seeadler stirbt an einer Bleivergiftung", sagte Oliver Krone, Leiter des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten "Verbundprojekt zur Bleivergiftung der Seeadler". Normalerweise ernährt sich der Greifvogel von Fischen und Wasservögeln. Im Winter frisst er auch Reste von erlegtem Wild oder Tiere, die angeschossen wurden und später verenden. Dabei landen die giftigen Bleipartikel im Adlermagen. Von dort gelangen sie in die Blutbahn und in die inneren Organe. Das Blei tötet die majestätischen Vögel meist langsam und schleichend. Auf lange Sicht reichert sich das Schwermetall im Knochen an. Das Blei schädigt besonders das Nervensystem und die Blutzellen. Die Folge für die Seeadler: Blindheit, Sauerstoffmangel und schließlich Tod durch Ersticken.

Die Lösung für das Problem ist aus Sicht der Wissenschaftler und Naturschützer klar: bleihaltige Munition muss aus dem Verkehr gezogen werden. Ansätze machte das Land Brandenburg vor drei Jahren: ein Feldversuch zur Erprobung bleifreier Munition im Jagdbetrieb sollte Beweise liefern, dass ebenso gut bleifrei gejagt werden kann.

Dann verunsicherte ein Brief der Deutschen Versuchs- und Prüfanstalt für Jagd- und Sportwaffen (DEVA) die Jägerschaft. Darin wurde die Sicherheit bleifreier Geschosse infrage gestellt. Als Beispiel führte die DEVA einen Jagdunfall aus den 90ern auf, bei dem ein Jäger durch ein abgepralltes Geschoss getötet wurde. Als Folge dieser Mitteilung verbot die Landesforstverwaltung Brandenburg die Verwendung bleifreier Munition. Eine Kehrtwende, die nicht nur Naturschützer verärgert. "Das hat nur verunsichert", sagt selbst der Berliner Jäger Horst Hörig. Schließlich geht es nicht nur um die Adler. Auch andere aasfressende Vögel werden häufig durch Blei vergiftet.