Weihnachten im Heiligen Land hat für Gläubige immer einen besonderen Reiz. Am Heiligabend zieht es traditionell Tausende zur Geburtskirche nach Bethlehem.

Bethlehem. Im Heiligen Land haben Tausende Gläubige Heiligabend in Bethlehem gefeiert. Bereits am Freitagnachmittag erreichte die traditionelle Weihnachtsprozession aus Jerusalem die kleine Stadt im Westjordanland. Vor allem palästinensische Christen, aber auch Besucher aus aller Welt, hatten die Prozession mit dem lateinischen Patriarchen Fuad Twal an der Spitze stundenlang auf dem Manger-Platz bei der Geburtskirche erwartet. Palästinensische Pfadfinder marschierten zu lauter Dudelsack- und Trommelmusik über den Platz, der auch Krippenplatz genannt wird. Die Atmosphäre erinnerte mehr an Karneval denn an eine stille Nacht.

Die Kolonne aus etwa 30 Autos musste auf dem Weg in die Stadt, in der nach christlicher Überlieferung Jesus geboren wurde, auch die israelischen Sperranlagen zum Westjordanland passieren. Dafür wurde ein großes Eisentor geöffnet, das sonst nur dem israelischen Militär zur Verfügung steht.

Die Geburtskirche aus dem 6. Jahrhundert ist eines der ältesten christlichen Bauwerke und wurde über der Grotte errichtet, in der Jesus nach christlicher Überlieferung geboren wurde. Die Grotte befindet sich unter dem Hauptaltar der Kirche. Twal, ranghöchster Vertreter des Vatikans im Heiligen Land, liest wie jedes Jahr in der Katharinenkirche unmittelbar neben der Geburtskirche die Mitternachtsmesse. Dazu wurde wie schon im vergangenen Jahr auch wieder Palästinenserpräsident Mahmud Abbas erwartet.

„Hier ist die Atmosphäre zu Weihnachten ganz anders als in Deutschland“, sagte Cornelia aus München. „In Deutschland hat man oft diesen Stress vor Heiligabend, aber hier sind alle ganz gelassen, man denkt gar nicht, dass heute Weihnachten ist“, betonte die Deutsche. Sie sei nicht extra wegen Weihnachten in den Nahen Osten gereist, sondern besuche ihre in Tel Aviv verheiratete Tochter. „Da haben wir die Gelegenheit genutzt, an Heiligabend mal in Bethlehem zu sein und das würde ich jedem mal raten“, sagte sie.

John, ein amerikanischer Rentner aus Kalifornien erzählte, er sei auf einer Reise durch das Heilige Land. „Ich bin nach Bethlehem gekommen, um die Weihnachtsfeierlichkeiten zu sehen, aber auch, um hier am Manger-Platz zu essen“, meinte er. Die Hotels in dem kleinen Städtchen im südlichen Westjordanland, das großteils von einer israelischen Mauer umgeben ist, sind voll ausgebucht.

Bethlehem hofft bis zum Jahresende auf bis zu zwei Millionen Besucher für das zu Ende gehende Jahr. Das wären genauso viele wie im Rekordjahr 2010. Die wirtschaftliche Lage in Bethlehem wie in vielen anderen Orten des israelisch besetzten Westjordanlandes hat sich in den vergangenen Jahren verbessert. Die Menschen leiden aber immer noch unter der Besatzung und fordern immer ungeduldiger einen unabhängigen Palästinenserstaat.

Bethlehem hat nur knapp 30.000 Einwohner, davon 27 Prozent Christen. Im Großraum Bethlehem leben 185.000 Palästinenser. Viele Christen sind jedoch in den vergangenen Jahren wegen des ungelösten Nahost-Konflikts ins Ausland ausgewandert. Twal hatte die Christen der Welt in seiner Weihnachtsbotschaft dazu aufgerufen, sich nicht durch politisch motivierte Gewalt von einer Reise ins Heilige Land abschrecken zu lassen.

Israel hat für die Weihnachtszeit mehrere Tausend Reisegenehmigungen für Palästinenser aus dem Westjordanland ausgestellt. 550 christliche Palästinenser im Gazastreifen erhielten von Israel zudem Passierscheine für eine Reise ins Westjordanland. Insgesamt leben im Gazastreifen mit seiner Bevölkerung von gut 1,5 Millionen Menschen noch etwa 3000 Christen.

Auch in Nazareth im Norden Israels wurden an Heiligabend Tausende von Christen zur jährlichen Weihnachtsprozession und zum anschließenden Gottesdienst in der Verkündigungskirche erwartet. Dort soll der Erzengel Gabriel der Jungfrau Maria die bevorstehende Geburt Jesu Christi verkündet haben.