Konzern bestreitet aber einen Zusammenhang mit Atomkatastrophevon Fukushima. TV-Moderator aus Unglücksregion leidet an Leukämie.

Tokio. Schon länger gibt es Gerüchte um die Erkrankung des ehemaligen Direktors des havarierten japanischen Atomkraftwerks Fukushima. Nun steht fest: Masao Yoshida, 56, der Ende November aus gesundheitlichen Gründen von seinem Posten zurückgetreten war, hat Speiseröhrenkrebs. Die Nachricht überbrachte er bei einem Besuch der Anlage selbst. Offenbar wollte Yoshida mit seinem Auftritt Berichten über einen möglichen Zusammenhang seiner Erkrankung mit der Atomkatastrophe entgegenwirken. "Er sorgte sich um die Spekulationen in den Medien über seine Krankheit", sagte eine Sprecherin der Betreiberfirma Tepco. Eigentlich habe er sich in Ruhe auf seine Behandlung konzentrieren wollen, dann aber entschieden, offen damit umzugehen, um die Gerüchte zu beenden.

Tepco zufolge ist es aber "extrem unwahrscheinlich", dass Yoshidas Krebserkrankung in direktem Zusammenhang mit der Atomkatastrophe in Fukushima steht. Sollte der direkte Kontakt mit radioaktiver Strahlung überhaupt diese Krebsform auslösen, würde es mindestens fünf und im Durchschnitt normalerweise zehn Jahre dauern, bis er sich ausbreite, sagte die Sprecherin unter Berufung auf Angaben von Ärzten. Ob Yoshida operiert worden sei und welche Behandlung er bekomme, sagte sie nicht.

Yoshida hatte das Atomkraftwerk seit Juni 2010 und damit auch nach dem schweren Erdbeben und dem anschließenden Tsunami am 11. März geleitet. Damals waren mehrere Reaktoren der Anlage schwer beschädigt worden. Unter extremen Bedingungen koordinierte Yoshida die Aufräum- und Reparaturarbeiten an den Reaktoren, deren Brennstäbe teilweise schmolzen und große Mengen an Radioaktivität freisetzten. Auch viele Bewohner der Katastrophenprovinz sind deshalb in den ersten vier Monaten nach dem Atomunfall einer Strahlenbelastung von bis zu geschätzten 37 Millisievert ausgesetzt gewesen. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Untersuchung der Provinzregierung. Die in normalen Zeiten geltende Höchstgrenze liegt bei einem Millisievert pro Jahr.

Doch Yoshida ist nicht der einzige Krebsfall, der im Zusammenhang mit der Reaktorkatastrophe an die Öffentlichkeit gelangt. Erst vor Kurzem wurde bekannt, dass Norikazu Otsuka, 63, an akuter lymphatischer Leukämie erkrankt ist. Der japanische TV-Moderator warb nach dem Unfall demonstrativ für Lebensmittel aus dieser Region und scheute auch nicht davor zurück, diese vor laufender Kamera zu verspeisen. Dass seine Krankheit vom Verzehr möglicherweise verstrahlter Lebensmittel herrührt, lässt sich jedoch nicht beweisen, auch wenn darüber viel spekuliert wird. Nach Angaben des Deutschen Krebsforschungszentrums können zwar schon geringe Mengen Radioaktivität Schäden im Erbgut anrichten und bewirken, dass Zellen entarten, berichtet "Focus online". Doch ob die Menge an Radioaktivität ausgereicht haben könnte, um akute Leukämie auszulösen, wird sich nicht belegen lassen.

Inzwischen werden der Umgang mit der radioaktiven Verseuchung und ihre Bekämpfung immer stärker kritisiert. Das ist wohl auch einer der Gründe, warum Tepco nun doch kein kontaminiertes Wasser aus dem havarierten Atomkraftwerk ins Meer pumpen will.

Nach Gesprächen mit Fischerei-Verbänden hat sich der Konzern gegen den erst vor Kurzem vorgestellten Plan entschieden. Tepco-Geschäftsführer Junichi Matsumoto sagte, das Unternehmen werde versuchen, weitere Tanks zu bauen und mehr Wasser aufzubereiten, um es zur Kühlung zu nutzen. Im April dieses Jahres hatte Tepco bereits Zehntausende Tonnen leicht verstrahltes Wasser abgelassen, um Platz für stärker kontaminiertes Wasser zu schaffen. Dieser Schritt wurde auch von Anrainerstaaten wie China und Südkorea scharf kritisiert.

Fukushima ist die schlimmste Atomkatastrophe seit dem Unglück im ukrainischen Tschernobyl im Jahr 1986. Wegen der Strahlenbelastung mussten mehr als 80 000 Japaner ihre Häuser in der Region verlassen.