Vor 30 Jahren soll Hollywood-Star Natalie Wood von der Jacht ihres Mannes gestürzt sein und ertrank. Die Polizei rollt den Fall jetzt neu auf.

New York. Es war eine unheilvolle Nacht, die Natalie Woods Tod vorausging. Alkohol, Eifersucht, Streit, dann tödliche Stille. Am nächsten Morgen trieb die Leiche des 43-jährigen Hollywood-Stars im Pazifik. Die Polizei sprach von einem tragischen Unfall und schloss die Akte, ohne wichtige Stimmen zu hören. An diesem Dienstag (29. November) jährt sich das Ende der gefeierten Schauspielerin zum 30. Mal.

Welche Ereignisse Woods Schicksal besiegelten, ist bis heute nicht geklärt. Neue Zeugenaussagen stellen ihren verhängnisvollen Sturz von der Jacht „Splendour“ jedoch in ein anderes Licht - und belasten den Ehemann Robert Wagner. Jetzt hat die Polizei des Los Angeles County begonnen, den mysteriösen Fall neu aufzurollen. Ihr liegen mehrere eidesstattliche Erklärungen vor, die die Version vom „Unfalltod“ in Zweifel ziehen.

Am schwersten wiegt die von Dennis Davern. Er war 1981 von Wagner als Kapitän angestellt und hatte die explosive Stimmung in jener Nacht auf der „Splendour“ miterlebt. Davern behauptet, die wahren Begebenheiten auf Druck seines Dienstherren zunächst verheimlicht zu haben. „Ich will aber nicht, dass mein Leben endet, ohne dass die Wahrheit herauskommt“, sagt er heute. Was demnach wirklich passierte, hat der Ex-Kapitän auch in seinem Buch „Goodbye Natalie, Goodbye Splendour“ (2008) geschildert.

Danach hatte das Ehepaar mit Christopher Walken, Woods damaligem Co-Star in „Projekt Brainstorm“, kräftig dem Alkohol zugesprochen. Es kam laut Davern zur heftigen Auseinandersetzung, in deren Verlauf Wagner eine Flasche Wein zerschmetterte und seinen vermeintlichen Nebenbuhler konfrontierte: „Was willst du tun? Meine Frau vögeln?“. Walken ging zu Bett.

Auch Natalie zog sich in die Kajüte zurück und kleidete sich für die Nacht, folgte dann aber ihrem erregten Mann auf das Unterdeck. Es kam erneut zum heftigen Streit, sagt Davern, der sich direkt über dem Paar auf dem Oberdeck aufhielt. Um den Wortwechsel zu übertönen, drehte er die Musik auf. Irgendwann sei Stille eingetreten. Dass Natalie, die nicht schwimmen konnte und bekannt war für ihre panische Angst vor dem Wasser, im Dunkeln freiwillig in das Beiboot stieg, wie Wagner behauptet, hält der Ex-Kapitän für ausgeschlossen.

Er habe die Scheinwerfer anwerfen und nach ihr suchen wollen, sagt Davern. Aber Wagner habe ihn gebremst. Auf Anraten des Ehemannes sei die Küstenwache auch erst Stunden später vom Verlust einer Person auf der „Splendour“ unterrichtet worden.

Es war kurz nach 23 Uhr, sagt Marilyn Wayne, als plötzlich Schreie durch die Nacht hallten. Wayne lag in einer Kajüte der „Capricorn“, die ihren Angaben nach etwa 20 Meter entfernt von der „Splendour“ geankert hatte. „Hilfe, bitte helft mir, ich ertrinke“, habe sie eine Frau rufen hören, ihrer Meinung nach wenigstens 15 Minuten lang.

Sie habe ins Wasser springen und die Frau retten wollen, sei aber von ihrem Begleiter zurückgehalten worden. Gemeinsam hätten sie sich bemüht, die Hafenpolizei zu alarmieren. Aber niemand antwortete. Erst als sie eine lallende Männerstimme mit den Worten vernahm, „warte, wir kommen dich holen“, habe sie sich beruhigt, sagt Wayne. Bald darauf seien die Hilferufe dann auch verstummt.

Der Rettungsschwimmer Sam Kashner war dabei, als Wood am frühen Morgen aus dem Wasser gezogen wurde. Sie hatte eine rote Daunenweste über dem Flanellnachthemd und Socken an den Füßen. Der Sanitäter Roger Smith untersuchte die Leiche und stellte erstaunt fest, dass die Finger noch beweglich waren.

In seiner eidesstattlichen Erklärung bedauert Samith, dass Wagner und sein Kapitän nicht schneller Alarm schlugen. „Ich glaube, dass sie noch wenigstens drei Stunden am Leben war und sich solange am Boot festklammerte. Mit unserer Ausrüstung und Erfahrung hätten wir sie finden können, und sie wäre heute noch am Leben.“

Ex-Kapitän Davern hat sich inzwischen dem Lügendetektor gestellt. Ob seine revidierten Aussagen für eine Anklage ausreichen, wird von Experten bezweifelt. Davern sei nicht nüchtern gewesen, sagte der Polygraph-Spezialist Edward Gelb dem Internetportal Tmz.com. Dass er den Test bestand, habe deshalb wenig Bedeutung.

Die Polizei von Los Angeles bekräftigte erneut, Robert Wagner sei kein Verdächtiger. Er selbst begrüßte die neuen Untersuchungen im Namen seiner Familie. Ex-Kapitän Davern platzte kürzlich in einem TV-Interview zur Frage, ob Wagner am Tod von Wood schuld sei, mit den Worten heraus: „Ja, das würde ich sagen, ja.“

„Am schlimmsten ist die Ungewissheit“, sagt die Schwester der Toten, Lana Wood. Sie drängte die Polizei in ihrer eidesstattlichen Erklärung schon vor Monaten, das Rätsel endlich zu lösen.