Hunderte der Tiere sind in Thailand mit dem Hochwasser ausgebüxt. Unwetter und Erdrutsche verwüsten Teile Asiens und Mittelamerikas.

Hamburg. Ganze Straßenzüge sind weggespült, Häuser stehen unter Wasser, Menschen versuchen, sich vor einer braunen Brühe aus Schlamm in Sicherheit zu bringen. Beim schlimmsten Hochwasser seit 50 Jahren in Thailand ist die Zahl der Todesopfer auf mindestens 315 gestiegen. Insgesamt sind 2,5 Millionen Menschen von den Fluten betroffen. In Bangkok schwindet der Optimismus der Behörden, dass sie die Hauptstadt noch vor den Überschwemmungen bewahren können. Die Wassermassen aus dem überfluteten Norden reichen wie ein gigantischer See bis 90 Kilometer vor die Zwölf-Millionen-Metropole.

Auch Schlangen und giftige Insekten große Gefahr in Hochwassergebieten

In einem Wettlauf mit der Zeit arbeiten Soldaten, Staatsbedienstete und Einwohner daran, das Zentrum von Bangkok vor den Fluten zu schützen. Mit mehr als einer Million Sandsäcken sollen die Dämme am nördlichen Stadtrand aufgestockt werden. Gouverneur Sukhumbhand Paribatra erklärte in einer dramatischen Fernsehansprache, die Flutmauer drohe zu brechen: "Jede Sekunde zählt."

Auch die wirtschaftlichen Schäden sind enorm; Analysten kürzten ihre Wachstumserwartungen für 2011 bereits von 4,4 Prozent auf 2,5 Prozent. Nach Fehlalarmen und mangelnden Informationen über das Ausmaß der Gefahr misstrauen zudem die Einwohner den Angaben der Regierung. In einer Umfrage der Assumption-Universität in Bangkok sagten 87 Prozent der Hauptstädter, sie trauten den Informationen des Krisenzentrums nicht.

Die Flutopfer in der nördlichen Provinz Nakhon Sawwan und in der alten Königsstadt Ayutthaya, die seit zwei Monaten unter Wasser steht, müssen sich nun auch noch vor flüchtigen Krokodilen in Acht nehmen. Hunderte waren aus ihren Gehegen auf zum Teil illegalen Zuchtfarmen in die Überflutungsgebiete gelangt. Die Behörden richteten daraufhin eine eigene Krokodil-Hotline ein, die Regierung hat eine Belohnung von 1000 Baht (25 Euro) für jedes wieder eingefangene Tier ausgesetzt. Auch Schlangen, giftige Insekten und Tiger sollen aus diversen Gehegen ausgebrochen sein.

Nicht nur in Asien, auch in Mittel- und Südamerika haben Millionen Menschen mit Wassermassen zu kämpfen. Einen Zusammenhang zwischen den Überflutungen in Thailand und den betroffenen Regionen in San Salvador, Nicaragua, El Salvador, Honduras und Guatemala besteht laut Hamburger Meteorologe Frank Böttcher, Geschäftsführer des Instituts für Wetter- und Klimakommunikation, jedoch nicht. Die heftigen Niederschläge seien eine unkontrollierbare Laune der Natur.

Die Regierungen der betroffenen Staaten reagieren ratlos

Die Uno stuft den Kontinent als besonders gefährdet durch den Klimawandel ein. Der Wetterexperte hält dagegen: "Dass Süd- und Mittelamerika besonders stark vom Klimawandel gefährdet sind, stimmt nur bedingt. Die extremen Regenfälle sind das Ergebnis von bestimmen Wetterlagen, die Ursachen sind in den einzelnen betroffenen Regionen durchaus unterschiedlich. Einerseits haben wir in Mittelamerika noch bis Mitte November Hurrikan-Saison, weiter im Süden ist Regenzeit." Die Tropenstürme haben nicht nur durch ihre Windgeschwindigkeiten eine zerstörerische Wucht, sondern auch durch die enormen Regenmengen, die sie mit sich tragen. "Die Gefahr, die von den Niederschlägen ausgeht - bis zu 300 Liter pro Quadratmeter in zwölf Stunden -, wird oft unterschätzt."

Der heftige Regen hat in den vergangenen Tagen mindestens 84 Menschen das Leben gekostet, zahlreiche werden noch vermisst. Insgesamt sind mehr als 250 000 Menschen von Überschwemmungen betroffen, viele von ihnen müssen in Notunterkünften leben. Böttcher sieht die Ursachen für die Ausmaße der Unwetter nicht nur in der Natur: "Ein Teil der Wetterkatastrophen sind von Menschen verursacht. Die Bevölkerung wächst rasant, Wohnraum ist begrenzt. Es werden also Siedlungen - meist Slums - an Berghängen oder in ausgetrockneten Flussbetten gebaut. Dieser Grund bietet keine Sicherheit, um darauf zu bauen. Die Behausungen sind oft nicht stabil und somit anfällig für extreme Wettererscheinungen. Schon deshalb sind in diesen Regionen auf tragische Weise schnell viele Menschenleben zu beklagen."

Die Regierungen der betroffenen Staaten sind ratlos: Guatemalas Präsident Mauricio Funes spricht von einer "dramatischen Situation, vor allem für die schwächsten Familien". Im benachbarten Honduras wurde im Süden des Landes der Notstand ausgerufen. In Nicaragua bereiten die Behörden indes die Evakuierung von Hunderten Häusern vor, sollte das Wasser im Managuasee, an dem die Hauptstadt Managua liegt, weiter steigen, teilte Rosario Murillo mit, Sprecherin und Frau von Präsident Daniel Ortega.